Koalitionspläne: Teilzeitregeln sind ausreichend und zweckmäßig

CDU, CSU und SPD wollen einen Rechtsanspruch für befristete Teilzeitarbeit einführen. So sollen etwa Eltern mit reduzierter Arbeitszeit eine Vollzeittätigkeit beanspruchen können. Rechtsanwalt Volker von Alvensleben bewertet den Vorschlag und zeigt aktuelle Pflichten von Arbeitgebern.

Haufe Online-Redaktion: Herr von Alvensleben, abgesehen von den Plänen einer möglichen großen Koalition: Wie ist die aktuelle Situation? Müssen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern, die die Arbeitszeit aus familiären Gründen reduziert haben, auf deren Wunsch einen Vollzeitarbeitsplatz anbieten?

Volker von Alvensleben: Bereits heute räumt das Gesetz Arbeitnehmern in besonderen Situationen die befristete Reduzierung ihrer Arbeitszeit ein. Diese Möglichkeit besteht während der Elternzeit nach § 15 BEEG und wenn Arbeitnehmer pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung pflegen, § 3 PflegeZG. Sofern die Voraussetzungen der vorgenannten Regelungen nicht vorliegen, ist die Arbeitszeitverkürzung grundsätzlich auf Dauer angelegt. Arbeitnehmer haben daher keinen Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit. Sie sind jedoch nach § 9 TzBfG bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen. Der Anspruch setzt voraus, dass ein freier, geeigneter Arbeitsplatz vorhanden ist, der nach dem Willen des Arbeitgebers zu besetzen ist. Haben mehrere im Betrieb teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer Interesse an einer freien Stelle, so ist der Arbeitgeber bei gleicher Eignung aller Bewerber im Rahmen billigen Ermessens nach § 315 BGB in seiner Entscheidung frei, welchem Arbeitnehmer er letztendlich den Zuschlag erteilt.

Haufe Online-Redaktion: Was geschieht, wenn Arbeitgeber das Aufstockungsbegehren einer Teilzeitkraft missachten?

von Alvensleben: Arbeitnehmer haben das Recht diesen Aufstockungsanspruch gerichtlich durchzusetzen. Sie können darüber hinaus gegen eine bevorstehende Besetzung der Stelle mit einem Mitbewerber durch einen Unterlassungsanspruch vorgehen, wenn dadurch ihr Anspruch vereitelt würde. Besetzt der Arbeitgeber die Stelle entgegen den Vorgaben des § 9 TzBfG mit einer anderen Person, steht dem Arbeitnehmer ein angemessener Schadensersatz zu. Als Orientierung dient der Betrag der Gehaltsdifferenz, die der Arbeitnehmer bis zu dem Zeitpunkt mehr verdient hätte, zu dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis theoretisch hätte erstmalig kündigen können. Darüber hinaus steht dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht gegenüber der vorgenommenen Einstellung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu.

Haufe Online-Redaktion: Wie bewerten Sie das Ansinnen der Parteien, einen Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit gesetzlich zu verankern? Wo sehen Sie Schwierigkeiten in der Umsetzung?

von Alvensleben: Das geplante Gesetzesvorhaben stößt vor dem Hintergrund der bestehenden Regelungen auf erhebliche Bedenken. Die bestehenden Regelungen sind ausreichend und zweckmäßig. Sie tragen familiären Bedürfnissen angemessen Rechnung. Weitergehende Regelungen würden die Arbeitgeber quasi per Gesetz zwingen, Arbeitsplätze aufzubauen, die sie nicht benötigen. Dies wäre ein weitgehender Eingriff in die grundrechtlich in Art. 12 GG geschützte unternehmerische Freiheit. Selbst wenn Arbeitnehmern lediglich das Recht eingeräumt würde, zu einem im Voraus festgelegten Rückkehrtermin zu ihrer bisherigen Arbeitszeit zurück zu kehren, müssten Arbeitgeber Ersatzpersonal für genau definierte Zeiträume und Wochenstunden suchen, was insbesondere bei fachlich ausgebildeten Arbeitnehmern zunehmend schwierig werden dürfte. Gerade für klein- und mittelständische Unternehmen dürfte dies zu erheblichen praktischen Problemen führen. Dadurch würden letztlich die oft kritisierten befristeten Arbeitsverträge und Minijobs gefördert. Zudem würden die Personalkosten steigen.

Volker von Alvensleben ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei DLA Piper UK LLP in Hamburg.

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