Entfristung des Arbeitsvertrags abhängig von Krankheitstagen

Bei der Deutschen Post wird die Entfristung eines Arbeitsvertrags unter anderem von den Krankheitstagen des Mitarbeiters und der Zahl der Unfälle mit Postfahrzeugen abhängig gemacht. Arbeitsrechtlich ist das Vorgehen nicht zu beanstanden, in der Kritik steht es dennoch. 

Die Deutsche Post macht die Entfristung von Arbeitsverträgen auch von den Krankheitstagen eines Mitarbeiters abhängig. Diese Praxis brachte dem ehemaligen Staatsunternehmen Kritik von Gewerkschaftern und Politikern ein. Zwar seien die Entfristungskriterien bei Arbeitsverträgen laut Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) arbeitsrechtlich nicht angreifbar. "Aber es ist moralisch höchst verwerflich", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann.

Finanzminister Scholz: Regierung soll Einfluss nehmen

Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz kritisierte das Vorgehen und möchte den Einfluss des Bundes nutzen: "Diejenigen, die für uns im Aufsichtsrat sitzen, haben sich vorgenommen […], darauf zu reagieren und die Gespräche schon vereinbart", sagte er in der ARD. Seiner Überzeugung nach müsse die befristete Beschäftigung zurückgedrängt werden.

Der Bund hält über die Staatsbank KfW knapp 21 Prozent an der Deutschen Post. Eine Sprecherin des Ministeriums teilte zudem mit, dass geprüft werde, ob bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung ähnliche Sachverhalte vorliegen.

Einstellungspraxis bei der Post: Kriterien für unbefristete Arbeitsverträge

Konkret sollen Mitarbeiter der Deutschen Post für eine Entfristung des Arbeitsvertrags nicht häufiger als sechsmal krank sein beziehungsweise nicht mehr als 20 Krankheitstage in zwei Jahren anhäufen. Zudem legt das Unternehmen Wert darauf, dass ein befristet beschäftigter Mitarbeiter höchstens zwei selbstverschuldete Kfz-Unfälle mit einem maximalen Schaden von 5.000 Euro verursacht hat. Außerdem dürfen Postboten in drei Monaten nicht mehr als 30 Stunden länger für ihre Touren gebraucht haben, als vorgesehen – wenn ihr Vertrag entfristet werden soll.

Deutsche Post: Kein Schablonen-Denken bei Entfristungen

Nach der Stellungnahme der Deutschen Post sei es im Interesse aller Beteiligten, insbesondere der Kunden, dass man im Konzern überlege, wer auf Dauer den Anforderungen gewachsen sei. Die Tätigkeit des Postboten sei auch körperlich anstrengend. Im Übrigen lege die Post aber keine Schablonen an, sondern berücksichtige immer das Gesamtbild. Da Zusteller im Moment dringend gesucht würden, könne man außerdem davon ausgehen, dass die Auswahl nicht nach zu strengen Kriterien erfolge.

Entfristung: Arbeitsrechtlich nicht zu bemängeln

Rechtlich bleibt festzustellen, dass Unternehmen grundsätzlich nach § 14 Abs.2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) das Recht haben, Arbeitsverträge bis zu zwei Jahren sachgrundlos zu befristen (Was bei einer Befristung ohne Sachgrund zu beachten ist, lesen Sie hier). Aktuell plant die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag hier Änderungen, indem die Anzahl sachgrundlos befristeter Mitarbeiter im Unternehmen beschränkt werden soll.

Allgemein macht das Gesetz für eine Entfristung jedoch keine Vorgaben. Schließlich geht es in diesen Fällen rechtlich nicht darum, Mitarbeiter zu kündigen. Vielmehr stellt sich die Frage, ob bestimmten Mitarbeitern eine weitere Beschäftigung – diese dann jedoch unbefristet – angeboten wird oder ob nach Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses keine weitere Beschäftigung vorgesehen ist. Dabei ist der Arbeitgeber prinzipiell frei – soweit zum Beispiel nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen wird – in der Auswahl der Mitarbeiter, die für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in Frage kommen. Ein mit der Praxis der Post vergleichbares Vorgehen via Einstellungskriterien ist dabei auch nicht unüblich.

BDA: Bei Entfristung alle Umstände berücksichtigen

In diese Kerbe schlägt auch der Bundesverband Deutscher Arbeitgeber (BDA): "Die Praxis der Post entspricht vollständig Recht und Gesetz." Es sei sinnvoll und notwendig, dass Unternehmen bei der Einstellung von Mitarbeitern alle Umstände berücksichtigten. Aus Sicht des BDA ist es "befremdlich, wenn Unternehmen für ihre Einstellungspraxis von staatlichen Vertretern kritisiert werden, obwohl der Staat selbst nur nachweislich gesundheitlich geeignete Bewerber in das Beamtenverhältnis beruft und bei wiederholten oder erheblichen Erkrankungen von einer Einstellung absieht".

Auch Aktionärsschützer kritisierten die Äußerungen von Scholz. "Hier wird mit Hilfe der Staatsbeteiligung versucht, eine politische Agenda durchzusetzen", sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), der "Welt".

Deutsche Post: "Unwürdiger" Kriterienkatalog?

Andere Politiker wiederum unterstützten die Schelte am Vorgehen der Deutschen Post. Als "völlig menschenverachtend und sittenwidrig", bezeichnete Beate Müller-Gemmeke, Grünen-Sprecherin für Arbeitnehmerrechte, die Kriterien. Auch Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe von CDU/CSU, kritisierte den vorliegenden Kriterienkatalog als "Quatsch und der Personalabteilung eines Großunternehmens unwürdig."


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dpa
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