Außerordentliche Kündigung bei Beleidigung des Chefs rechtmäßig

Weil er seinen Chef beleidigt hatte, hat ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter gekündigt. Das LAG Schleswig-Holstein entschied nun, die Kündigung sei wirksam. Scheinbar schwergewichtige Argumente, wie Meinungsfreiheit oder ein langjähriges Arbeitsverhältnis, überzeugten die Richter aber nicht.

Ob Morddrohungen gegen den Chef oder die Titulierung auf Facebook als Menschenschinder, oder die Bezeichnung des Chefs als "irre ", "nicht normal" und "Psycho": Arbeitgeber müssen sich oftmals einiges anhören. Beleidigungen muss ein Arbeitgeber aber definitiv nicht sanktionslos hinnehmen.

Fristlose Kündigung bei Beleidigung? 

Was Arbeitnehmer im beruflichen Kontext so äußern, beschäftigt Gerichte immer wieder. Und die Frage, ob eine fristlose Kündigung, die wegen einer speziellen Äußerung des Arbeitnehmers rechtmäßig war oder ob eine vorherige Abmahnung hätte erfolgen müssen, können die Gerichte nur im konkreten Einzelfall entscheiden.

Im konkreten Fall hielt das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein die außerordentliche Kündigung des Mitarbeiters eines familiengeführten Kleinbetriebs wegen der groben Beleidigung für rechtmäßig – und das, obwohl das Arbeitsverhältnis bereits lange Jahre bestand. 

Der Fall: Kündigung nach Beleidigung als "soziales Arschloch"

Ein 62 Jahre alter Arbeitnehmer war über 20 Jahre bei einem kleinen familiengeführten Gas- und Wasser-Installateurbetrieb in der Nähe von Hamburg beschäftigt. Dann kam es zu der verbalen Auseinandersetzung mit einem der beiden Geschäftsführer. Anlass hierfür war ein am Tag zuvor stattgefundener Wortwechsel zwischen dem Arbeitnehmer und dem Vater der beiden Geschäftsführer, dem früheren Chef des Betriebs. Ob dieser auf eine Frage etwas sarkastisch reagiert hat, ist streitig. Der Arbeitnehmer verließ grußlos den Raum und hörte dabei den Kommentar des einen Geschäftsführers „Kinderkram/Sind wir hier im Kindergarten?“ Am nächsten Morgen kam es im Büro zu einem Streitgespräch mit den Geschäftsführern, indem der Arbeitnehmer dem betreffenden Geschäftsführer den Vorwurf machte, dass er „gerne den Chef raushängen lasse“ und sich dessen Vater ihm gegenüber wie ein „Arsch“ benommen habe. Der Geschäftsführer sei auf dem besten Wege, seinem Vater den Rang abzulaufen. Auf die Worte des Arbeitnehmers: „Dann kündigt mich doch“, erwiderte der Geschäftsführer: „Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen.“ Dies sei die Firma doch sowieso schon, war die Antwort des Arbeitnehmers. 

Kündigungsschutzklage gegen fristlose Kündigung ohne Erfolg

Nach diesem Gespräch arbeitete der Arbeitnehmer zunächst noch weiter und wurde abends für drei Tage von der Arbeit freigestellt. Als er sich auch dann noch nicht entschuldigt hatte, kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Arbeitnehmer wehrte sich mit seiner Kündigungsschutzklage gegen diese Kündigung - ohne Erfolg.  Das LAG Schleswig-Holstein wies die Klage ab. Der Arbeitnehmer brachte vor, seine Äußerungen seien durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Außerdem habe er aus einem Affekt heraus gehandelt und sei durch den Geschäftsführer sowie dessen Vater provoziert worden. Das Landgericht teilte diese Auffassung nicht. 

Grobe Beleidigung nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt

Bei groben Beleidigungen könne sich ein Arbeitnehmer nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen, machten die Richter deutlich. Die Äußerungen des Geschäftsführers und des Vaters stellten ihrer Ansicht nach keine Provokationen dar. Insbesondere die 16-stündige Zeitspanne zwischen den beiden Gesprächen, schließe eine Affekthandlung aus. Das Gericht hob hervor, dass wegen der fehlenden Entschuldigung und der auch noch in der Berufungsverhandlung fehlenden Einsicht des Arbeitnehmers, sich gegenüber dem Arbeitgeber falsch verhalten zu haben, einer vorheige Abmahnung hier nicht erforderlich war. Dem Arbeitgeber sei es als kleinem Familienbetrieb nicht zuzumuten, das langjährige Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.

Hinweis: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24. 1. 2017, Az: 3 Sa 244/16