Der Abgeltungsanspruch ist als reiner Geldanspruch auch vererblich. Dies war unstreitig für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis beendet, der Abgeltungsanspruch bereits entstanden und der Beschäftigte anschließend verstorben ist.

Ist jedoch das Arbeitsverhältnis durch den Tod beendet worden, hatte das BAG aufgrund der Höchstpersönlichkeit des bis zum Tode bestehenden Urlaubsanspruchs eine Vererblichkeit verneint.

Entgegen dieser Rechtsprechung des BAG[1] hat nunmehr der EuGH mit Urteil v. 12.6.2014, C-118/13 entschieden, dass der Anspruch nicht mit dem Tod erlischt. Der EuGH führt hierzu aus: "Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Eine solche Abgeltung kann nicht davon abhängen, dass der Betroffene im Vorfeld einen Antrag gestellt hat."

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Ehemann der Klägerin war von 2009 bis zu seinem Tod im November 2010 mit Unterbrechungen arbeitsunfähig. Bis zum Zeitpunkt seines Todes sollen 140,5 Urlaubstage offen gewesen sein. Die Klägerin hatte den Abgeltungsanspruch ihres gestorbenen Ehemannes mit Schreiben von Januar 2011 erfolglos geltend gemacht. Das Arbeitsgericht hat die daraufhin erhobene Klage unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abgewiesen; das LAG Hamm hat Vorlagefragen an den EuGH gestellt, woraufhin der EuGH wie oben dargestellt entschieden hat.

Begründet hat der EuGH dies insbesondere damit, dass Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG für die Entstehung des Anspruchs auf finanzielle Vergütung lediglich die Voraussetzung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und keine weiteren Voraussetzungen aufstelle. Dementsprechend sei auch ein im Vorfeld gestellter entsprechender Antrag nicht erforderlich. Endete die Pflicht zur Auszahlung von Jahresurlaubsansprüchen mit der todesbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses, würde ein unwägbares und weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber beherrschbares Vorkommnis rückwirkend zum Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub selbst führen.

Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts und es sei zu beachten, dass die Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs 2 Aspekte eines einzigen Anspruchs darstellten. Auch im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers müsse durch einen finanziellen Ausgleich die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sichergestellt werden.

Dieses Urteil überrascht nicht. Folgt es doch der schon in der "Tirol"[2]- und "Brandes"-Entscheidung[3] erkennbaren Linie, wonach der EuGH den Entgeltaspekt des Urlaubsanspruchs als eine Art durch die Arbeit erworbenes Wertguthaben und damit als ein vermögenswertes Recht begreift. Vermögenswerte Rechte gehen mit dem Tod nicht unter, sondern werden vererbt.

Dennoch ist das Urteil wenig überzeugend.[4] Ungeachtet der Betrachtung des Urlaubsanspruchs als vermögenswertes Recht war dessen Geltendmachung an die Person des Arbeitnehmers geknüpft. Nur er konnte den Anspruch während des Arbeitsverhältnisses geltend machen, konnte den Anspruch nicht auf Dritte übertragen. Er war ungeachtet des vermögenswerten Charakters höchstpersönlicher Natur. Und höchstpersönliche Ansprüche erlöschen mit dem Tod, sind nach deutschem Recht nicht vererblich. Auch verliert der EuGH den ursprünglichen Zweck des Urlaubs aus den Augen. Denn der Urlaub dient auch nach der Rechtsprechung des EuGH der Entspannung, Erholung und Gestaltung der Freizeit. Diese Zwecke sind aber untrennbar mit der Person des Beschäftigten verbunden. Mit seinem Tod ist die Erreichung dieser Zwecke unmöglich geworden. Unmöglichkeit führt grundsätzlich zum Untergang des Anspruchs. Dieser Gedanke war auch tragend in der Entscheidung des EuGH Schulte/KHS.[5] In dieser Entscheidung wurde das Ansammeln von Urlaubsansprüchen begrenzt, da ab einem gewissen Umfang des bereits erworbenen Urlaubs ein weiterer Urlaubsanspruch das Ziel Entspannung und Erholung des Beschäftigten nicht mehr erreicht. Dies aber ist erst recht beim Tod des Beschäftigten der Fall.[6]

Das LAG Düsseldorf hat sich mit 2 Urteilen vom 15.12.2015[7] und vom 29.10.2015 der geschilderten Rechtsprechung des EuGH angeschlossen und den Erben im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugesprochen.

Das BAG hat nunmehr in den Revisionsverfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung des Unionsrechts folgende Fragen vorgelegt:

1. Räumt Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.1...

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