Die Arbeitgeber haben das Urteil des BAG vom 20.3.2012 zum Anlass genommen, diese Thematik in die laufende Tarifrunde einzuführen und eine kostenneutrale und AGG-konforme Neuregelung des Urlaubs zu fordern. Mit Tarifeinigung vom 31.3. wurde § 26 TVöD wie folgt verändert:

§ 26 Absatz 1 Satz 2 TVöD

"2Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 5 Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr 29 Arbeitstage und nach dem vollendeten 55. Lebensjahr 30 Arbeitstage."

„Niederschriftserklärung zu § 26 Abs. 1:

Die Tarifvertragsparteien sind bei der Neuregelung übereinstimmend davon ausgegangen, dass für Beschäftigte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, ein entsprechend höherer Erholungsbedarf besteht. Deshalb ist für diese Beschäftigten ein zusätzlicher Urlaubstag gerechtfertigt.”

Somit betrug der Urlaubsanspruch des Beschäftigten generell 29 Tage im Urlaubsjahr. Mit Vollendung des 55. Lebensjahres erhöht er sich um einen Tag auf 30 Urlaubstage. Diese Altersdifferenzierung erschien auch im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot des AGG unbedenklich. Da in diesem Alter ohne Weiteres von einem deutlich erhöhten Regenerationsbedürfnis ausgegangen werden kann.

Diese Einschätzung wird auch durch die Entscheidung des BAG vom 21.10.2014[1] bestätigt. Das BAG entschied, dass ein Arbeitgeber, der älteren Arbeitnehmern jährlich mehr Urlaubstage als den jüngeren gewährt, nicht zwangsläufig gegen die Regelungen des AGG verstößt; denn diese unterschiedliche Behandlung wegen des Alters könne unter dem Gesichtspunkt des Schutzes älterer Beschäftigter nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt und demnach zulässig sein. Bei der Prüfung, ob eine solch freiwillig begründete Urlaubsregelung dem Schutz älterer Beschäftigter diene und geeignet, erforderlich und angemessen i. S. v. § 10 Satz 2 AGG sei, stehe dem Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu. Ein derartiger Beurteilungsspielraum steht erst Recht Tarifvertragsparteien zu wie bei der hier getroffenen Regelung.

Maßgebend für die Erhöhung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird. Das Lebensjahr wird am Tag vor dem Geburtstag beendet. Obwohl bei dem 1.1. als Geburtstag das Lebensjahr mit Ablauf des vergangenen Jahres endet (31.12.), reicht dies nicht aus, um schon einen erhöhten Anspruch für das Jahr vor dem Geburtstag zu begründen. Der Beschäftigte vollendet das Lebensjahr mit Ablauf des 31.12. Ein erhöhter Urlaubsanspruch entsteht jedoch erst "nach dem vollendeten 55. Lebensjahr". Hat der Beschäftigte jedoch am 31.12. des Jahres Geburtstag, richtet sich der Urlaubsanspruch des Kalenderjahres noch nach dem Lebensjahr, das der Beschäftigte in diesem Jahr vollendet. Sein Urlaubsanspruch beträgt bereits für dieses Jahr 30 Tage.

 
Hinweis

Diese Regelung gilt ab dem 1.3.2012. Sie hat jedoch wegen der nachfolgend dargestellten Übergangsregelung erst ab 2013 praktische Auswirkungen. Für das Jahr 2012 ist in allen Fällen als Berechnungsgrundlage von 30 Tagen Urlaub auszugehen.

Da diese tarifliche Regelung mit Wirkung zum 1.1.2014 wiederum abgelöst wurde und ab diesem Zeitpunkt jeder Beschäftigte einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen hat, beschränkt sich die praktische Auswirkung auf das Jahr 2013.

 
Praxis-Beispiel

Am 1.8.2012 wird ein 25-jähriger Beschäftigter eingestellt. Er hat für das Jahr 2012 einen Anspruch auf 13 Arbeitstage Erholungsurlaub (5/12 von 30 Arbeitstagen gem. § 26 Abs. 2 Buchst. b i. V. m. § 38a TVöD/Bund bzw. § 38a Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA). Für das Jahr 2013 hat er einen Anspruch auf 29 Arbeitstage Erholungsurlaub.

  • Übergangs- und Besitzstandsregelungen (§ 38a TVöD/Bund bzw. § 38 Abs. 1 TVöD/VKA)

Für die Beschäftigten, die am 29.2. bereits in einem Arbeitsverhältnis standen, haben die Tarifvertragsparteien darüber hinaus Übergangs- und Besitzstandsregelungen vereinbart.

Die Besitzstandsregelung in Satz 1 lautet:

Zitat

1Der Urlaubsanspruch für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2012 hinaus fortbestanden hat und die vor dem 1. Januar 1973 geboren sind, beträgt 30 Arbeitstage für die Dauer des rechtlich ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses.

Die Besitzstandsregelung betrifft Beschäftigte, die vor dem 1.1.1973 geboren sind, also spätestens im Laufe des Jahres 2012 das 40. Lebensjahr vollenden, und darüber hinaus bereits vor dem 1.3.2012 beschäftigt waren. Sie fallen nicht unter die Übergangs­regelung für das Jahr 2012 (§ 38 Satz 2 TVöD/Bund bzw. § 38a Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA), weil sie nicht nur für das Jahr 2012, sondern darüber hinaus für die Dauer des rechtlich ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf 30 Arbeitstage Erholungsurlaub haben.

 

Beispiel 1:

Ein im Jahr 1969 geborener Beschäftigter ist seit Oktober 2011 beschäftigt. Er hat bereits seit seiner Einstellung einen Anspruch auf 30 Arbeitstage Erholungsurlaub. Er behält unabhängig von der neuen Urlaubsregelung in § 26 Abs. 1 Satz 2 TVöD...

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