3.1 Zusammensetzung nach Beschäftigungsarten

 

Rz. 8

Gem. § 62 Abs. 2, der § 15 Abs. 1 BetrVG nachgebildet ist, soll sich die JAV aus Vertretern der verschiedenen Beschäftigungsarten und Ausbildungsberufen zusammensetzen. Ziel dieser Sollvorschrift ist es, die Arbeit der JAV sachkundig zu gestalten und sicherzustellen, dass möglichst alle im Betrieb ausgeübten Beschäftigungsarten und Ausbildungsberufe mit ihrem jeweiligen Know-how vertreten sind.[1] Adressat der Vorschrift sind diejenigen, die Wahlvorschläge einreichen. Diese sollen so gestaltet werden, dass die JAV in ihrer Zusammensetzung der Zusammensetzung der Belegschaft im Betrieb, soweit Jugendliche und Auszubildende betroffen sind, entspricht. Gem. §§ 38, 3 Abs. 3 WO soll hierauf im Wahlausschreiben ausdrücklich hingewiesen werden. Bei § 62 Abs. 2 handelt es sich allerdings lediglich um eine Sollvorschrift. Wird die Regelung nicht beachtet, hat dies keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der Wahl; dies gilt auch dann, wenn ein bewusster Verstoß gegen § 62 Abs. 2 vorliegt.[2]

[1] Fitting/Schmidt u. a., a. a. O., § 62 Rz. 8.
[2] Richardi/Annuß, a. a. O., § 62 Rz. 8.

3.2 Zusammensetzung nach Geschlechtern

3.2.1 Allgemeines

 

Rz. 9

Gem. § 62 Abs. 3 muss das bei den Jugendlichen und Auszubildenden in der Minderheit befindliche Geschlecht seinem zahlenmäßigen Verhältnis entsprechend in der JAV repräsentiert sein. Diese Regelung, die durch das BetrVerf-ReformG 2001 vom 23.7.2001[1] eingeführt worden ist, entspricht der Regelung in § 15 Abs. 2 BetrVG und ist im Gegensatz zu der bis dahin geltenden Regelung eine Muss-Vorschrift. Mit dieser Umwandlung der Sollvorschrift in eine zwingende Regelung wollte der Gesetzgeber dem Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG Rechnung tragen. Es soll gewährleistet sein, dass das Minderheitsgeschlecht geschlechtsspezifische Themen und Problemstellungen in die Arbeit der JAV einbringen kann.[2] Das sog. "dritte Geschlecht" ist nach h. M. nicht Minderheitengeschlecht i. S. v. Abs. 3.[3] Der Gesetzgeber hat es anlässlich der Reform des BetrVG durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz und die damit einhergehende Anpassung der Wahlordnung unterlassen, zum dritten Geschlecht Regelungen zu treffen.

Hinsichtlich der Verteilung der Sitze in der JAV nach Geschlechtern enthält die Wahlordnung nähere Regelungen. Gleiches gilt für die Ausgestaltung der Wahl, die in § 38 ff. WO geregelt ist. In der Praxis führen die genannten Vorschriften zu einer Verkomplizierung des Wahlverfahrens.

 

Rz. 10

Für § 15 Abs. 2 BetrVG, der eine dem § 62 Abs. 3 BetrVG identische Regelung für den Betriebsrat enthält, hat das BAG ausdrücklich klargestellt, dass die Regelung zur Geschlechterquote verfassungskonform ist.[4] Nach Ansicht des BAG verstößt die Regelung weder gegen den nach Art. 3 Abs. 1 GG bestehenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl, noch wird dadurch in unzulässiger Weise in die durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie eingegriffen.[5]

[1] BGBl I S. 1852.
[2] Vgl. dazu auch Amtliche Begründung, BT-Drucks. 14/5741 S. 37 und S. 44.
[3] Fitting/Schmidt u. a., § 62 Rz. 9.
[5] NZA 2005, 1252. Bereits vor dieser Entscheidung des BAG hatte das LAG Köln § 15 Abs. 2 BetrVG für verfassungswidrig gehalten und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt (LAG Köln, Beschluss v. 13.10.2003, 2 TaBV 1/03). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Richtervorlage jedoch als unzulässig verworfen und deshalb in der Sache keine Entscheidung getroffen (BVerfG, Beschluss v. 11.10.2006, 1 BvL 9/03).

3.2.2 Voraussetzung

 

Rz. 11

Voraussetzung für die Anwendung des § 62 Abs. 3 ist, dass es unter den in § 60 Abs. 1 genannten Arbeitnehmern eines Betriebs ein Geschlecht gibt, das in der Minderheit ist. Ist die Zahl der jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Männer und Frauen gleich, ist der Minderheitenschutz nicht einschlägig. Maßgeblich ist die Zahl der tatsächlich beschäftigten männlichen und weiblichen Arbeitnehmer i. S. d. § 60 Abs. 1, wobei es bei der Ermittlung auf den Tag des Erlasses des Wahlausschreibens ankommt (vgl. § 38 i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 3 WO). Unerheblich für die Ermittlung ist, ob Beschäftigte im Sinne des § 60 Abs. 1 Vollzeit oder Teilzeit beschäftigt werden; sie sind gleichwertig zu berücksichtigen.[1]

 

Rz. 12

Gem. § 62 Abs. 3 ist das Minderheitengeschlecht nur dann entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis in der JAV zu berücksichtigen, wenn diese aus mindestens 3 Mitgliedern besteht.[2] Ist die JAV kleiner, greift der Minderheitenschutz nicht ein.

[1] S. Kommentierung zu § 15 Abs. 2, Rz. 5.
[2] Fitting/Schmidt u. a., a. a. O., § 38 WOBetrVG 2001, Rz. 7; § 62 BetrVG, Rz. 9 ff.

3.2.3 Verfahren

3.2.3.1 Allgemeines

 

Rz. 13

Der Minderheitenschutz greift nach der gesetzlichen Regelung erst bei der Verteilung der Sitze, mithin bei der Wahl, nicht bereits bei der Aufstellung der Vorschlagslisten und der Wahlvorschläge ein. Es ist damit nach wie vor zulässig, reine Frauen- ebenso wie reine Männerlisten oder gemischte Listen einzureichen.[1] Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Vorschlagslisten, die ausschließlich das Mehrh...

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