Rz. 91

Dieser Widerspruchsgrund kommt insbesondere dann in Betracht, wenn infolge Rationalisierungsmaßnahmen neue technische Einrichtungen oder neue Arbeitsmethoden eingeführt werden. Der Betriebsrat muss darlegen, welche für den Arbeitnehmer zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen und welcher freie Arbeitsplatz nach Abschluss dieser Maßnahmen im Unternehmensbereich verfügbar ist, der mit dem betroffenen Arbeitnehmer besetzt werden könnte. Diese Umschulung muss grundsätzlich auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz gerichtet sein, nicht aber auf einen höherwertigen.

 

Rz. 92

Die Zumutbarkeit einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme für den Arbeitgeber ergibt sich aus einer Interessenabwägung, bei der die technischen und finanziellen Möglichkeiten des Arbeitgebers gegen das Qualifizierungsinteresse des Arbeitnehmers abzuwägen ist. Insbesondere sind die Betriebszugehörigkeit und die Erfolgsaussichten der vorgesehenen Maßnahme zu berücksichtigen. Unzumutbar ist die Umschulung z. B., wenn sie in angemessener Zeit offenbar keinen Erfolg verspricht oder der Arbeitnehmer nicht zustimmt. Aus Letzterem ergibt sich, dass der Betriebsrat das Einverständnis des Arbeitnehmers mit der Fortbildungsmaßnahme für seinen Widerspruch darlegen muss.

 

Rz. 93

Nach § 97 Abs. 2 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Bildungsmaßnahmen, die durch eine Änderung der Tätigkeit der Arbeitnehmer aufgrund betrieblicher Umstrukturierungsmaßnahmen erforderlich werden. Der Betriebsrat ist also in der Lage, für die betroffenen Arbeitnehmer präventiv betriebliche Berufsbildungsmaßnahmen durchzusetzen mit dem Ziel, dass diese geschult oder fortgebildet werden, um ihre Tätigkeit an ihrem bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz fortzusetzen. Kündigt ein Arbeitgeber unter Missachtung dieses Mitbestimmungsrechts, hat er also keine Fortbildungsmaßnahmen durchgeführt, berechtigt dies den Betriebsrat zum Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG.[1]

[1] DKK/Kittner/Bacher, § 102 Rz. 207; a. A. Fitting, § 102 Rz. 93, der dem Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Ausspruchs der Kündigung bis zum Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens zubilligt.

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