2.1 Unternehmensgröße

 

Rz. 6

Ein Wirtschaftsausschuss ist in den Unternehmen zu errichten, in denen regelmäßig mehr als 100 Arbeitnehmer ständig beschäftigt werden. Der Gesetzgeber hat hier bewusst den Begriff des Unternehmens gewählt und stellt damit auf die Gesamtorganisation des Rechtsträgers ab. Auf die Größe der einzelnen Betriebe kommt es nicht an, es muss jedoch mindestens ein Betriebsrat gewählt worden sein.[1]

§ 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stellt wie § 1 BetrVG auf die Zahl der i. d. R. beschäftigten Arbeitnehmer ab.[2] Maßgeblich für die Beurteilung der ständigen Beschäftigung ist die Zahl der ständig zu besetzten Arbeitsplätze. Es kommt hingegen nicht darauf an, in welcher Form die Arbeitnehmer – also z. B. befristet oder unbefristet, in Teilzeit oder Vollzeit, etc. – beschäftigt werden.[3] Es ist der betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff zugrunde zu legen, sodass leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG nicht mitzuzählen sind, wohl aber Auszubildende. Auch Leiharbeitnehmer sind im Entleiherbetrieb bei der Berechnung grundsätzlich zu berücksichtigen, wenn sie in ständiger Beschäftigung tätig sind.

[4] Auf die Größe der einzelnen Betriebe kommt es nicht an, es muss jedoch mindestens ein Betriebsrat gewählt worden sein.[5] Abzustellen ist also nicht nur auf die Zahl der Arbeitnehmer, für die ein Betriebsrat besteht, sondern auf die Zahl aller ständig beschäftigten Arbeitnehmer in allen Betrieben eines Unternehmens. Es kommt auf die Personalstärke an, die für das Unternehmen im Allgemeinen kennzeichnend ist. Diese Zahl kann nicht durch einfaches Abzählen der vorhandenen Arbeitnehmer im jeweiligen Zeitpunkt, zu dem die Errichtungsvoraussetzungen geprüft werden sollen, festgestellt werden.[6] Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es vielmehr grundsätzlich eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Die zukünftige Entwicklung kommt jedoch nur insoweit in Betracht, als aufgrund bereits getroffener Entscheidungen des Arbeitgebers eine Veränderung der bisherigen Beschäftigtenzahl zu erwarten ist. Werden Arbeitnehmer nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt, kommt es für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres beschäftigt werden. Dies gilt auch bei Saisonbetrieben, die jeweils für einige Wochen oder Monate im Jahr einen erhöhten Arbeitskräftebedarf haben. Die für diese Zeit vorübergehend eingestellten Arbeitnehmer zählen nicht zu den i. d. R. Beschäftigten. Etwas anderes gilt lediglich für reine Kampagnebetriebe, die überhaupt nur während eines Teils des Jahres arbeiten. In diesen ist die Beschäftigtenzahl während der Kampagne maßgebend.[7]

 

Rz. 7

Sinkt die Belegschaftsstärke im Unternehmen dauerhaft auf weniger als 101 Arbeitnehmer, endet das Amt des Wirtschaftsausschusses unabhängig davon, ob die Amtszeit des ihn bestellenden Betriebsrats noch andauert.[8]

 

Rz. 8

Ist in einem Unternehmen ein Wirtschaftsausschuss nicht zu errichten, weil die nach § 106 Abs. 1 BetrVG erforderliche Zahl beschäftigter Arbeitnehmer nicht erreicht wird, so stehen die Unterrichtungsansprüche des Wirtschaftsausschusses über wirtschaftliche Angelegenheiten nach § 106 Abs. 2 BetrVG nicht dem Betriebsrat bzw. Gesamtbetriebsrat zu.

Der Betriebsrat selbst ist nach § 80 Abs. 2 BetrVG über wirtschaftliche Angelegenheiten unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen nur dann zu unterrichten, soweit dies zur Durchführung konkreter Aufgaben erforderlich ist. Dieser Unterrichtungsanspruch über wirtschaftliche Angelegenheiten entfällt nicht insoweit, als dadurch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gefährdet werden können.[9] Der Betriebsrat hat aber kein allgemeines Einblicksrecht in die Jahresbilanz[10] oder den Wirtschaftsprüfungsbericht zum Jahresabschluss[11].

[2] Vgl. hierzu die Erläuterungen bei § 1.
[6] Fitting, § 106 Rz. 14.
[7] BAG, Urteil v. 16.11.2004, 1 AZR 642/03, DB 2005, 456; Fitting, § 1 Rz. 365.
[9] BAG, Beschluss v. 5.2.1991, 1 ABR 24/90, BB 1991, 1635-1637 (LT1-2).
[10] LAG Köln, Beschluss v. 8.9.1987, 11 Ta BV 32/87.

2.2 Wirtschaftsausschuss im Gemeinschaftsbetrieb

 

Rz. 9

Bilden mehrere Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, so ist, wenn insgesamt in der Regel mehr als 100 Arbeitnehmer ständig beschäftigt werden, selbst bei rechtlicher Selbstständigkeit der einzelnen Unternehmen, ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Das BAG geht bei dieser Konstellation von einer Gesetzeslücke aus, was im Hinblick auf den Zweck der §§ 106 ff. BetrVG zu deren entsprechender Anwendung und zur Bildung eines Wirtschaftsausschusses bei den am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen führt.[1] Beschäftigt nur ein beteiligtes Unternehmen in d...

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