Rz. 8

Nach § 5 PflegeZG muss ein Beschäftigter entweder kurzzeitig zur Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert (§ 2 PflegeZG) oder nach § 3 PflegeZG freigestellt sein, um den besonderen Kündigungsschutz zu genießen.

3.1 Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG)

 

Rz. 9

Nach § 2 Abs. 1 PflegeZG haben Beschäftigte das Recht, bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung begründet ein Leistungsverweigerungsrecht, das keine Zustimmung des Arbeitgebers erfordert.[1]

 

Rz. 10

Das Recht, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben, steht einem Beschäftigten i. S. d. § 7 Abs. 1 PflegeZG (Rz. 4) zu. Eine bestimmte Dauer des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit) ist nicht erforderlich.

 

Rz. 11

Ein naher Angehöriger des Beschäftigten muss pflegebedürftig i. S. d. § 7 Abs. 4 PflegeZG i. V. m. §§ 14, 15 SGB XI sein. Nahe Angehörige i. S. d. § 7 Abs. 3 PflegeZG sind u. a. Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder (s. auch Rz. 1).

Nach § 14 Abs. 1 SGB IX sind pflegebedürftig diejenigen Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können, wobei mindestens der Pflegegrad 1 festgestellt sein muss (§ 14 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 SGB XI).

Pflegebedürftig i. S. v. § 2 PflegeZG sind auch Personen, die die Voraussetzungen nach den §§ 14 und 15 SGB XI voraussichtlich erfüllen (§ 7 Abs. 4 Satz 2 PflegeZG). Weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Gesetzesentwurf lässt sich eine nähere Umschreibung entnehmen, wann ein Fall der "Voraussichtlichkeit" anzunehmen ist.[2] Unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und dem Erfordernis eines akuten Pflegefalles werden wohl Tatsachen vorliegen müssen, auf deren Grundlage der Eintritt der Pflegebedürftigkeit überwiegend wahrscheinlich erscheint.[3]

 

Rz. 12

Es muss eine akut aufgetretene Pflegesituation zu verzeichnen sein, die die Organisation einer bedarfsgerechten Pflege oder die Sicherstellung einer pflegerischen Versorgung erfordert. Eine akute Pflegesituation ist dann anzunehmen, wenn der Pflegebedarf plötzlich, also unvermittelt und unerwartet auftritt.[4]

 

Rz. 13

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG sind Beschäftigte verpflichtet, dem Arbeitgeber ihre Verhinderung an der Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB) mitzuteilen. Die Pflegebedürftigkeit ist zudem nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG nachzuweisen.

 

Rz. 14

Die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrecht i. S. d. § 2 PflegeZG ist – im Gegensatz zu der Freistellung nach § 3 PflegeZG – nicht von einem Schwellenwert im Hinblick auf die Anzahl der Beschäftigten beim Arbeitgeber abhängig.

[1] ErfK/Gallner/Bubach, § 2 PflegeZG Rz. 1; BeckOGK/Schneider, § 5 PflegeZG Rz. 26; HWK/Lembke, § 2 PflegeZG Rz. 3 f.
[2] Vgl. BT-Drucks. 16/7439 S. 94.
[3] NK-ArbR/Müller, 2. Aufl. 2023, § 2 PflegeZG Rz. 7; Müller, BB 2008, 1058, 1059.

3.2 Freistellungen nach § 3 PflegeZG

 

Rz. 15

§ 3 PflegeZG enthält 3 Freistellungsansprüche:

(i) Die Freistellung zur Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung (Abs. 1),
(ii) die Freistellung zur Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung (Abs. 5),
(iii) Freistellung zur Begleitung eines nahen Angehörigen in seiner letzten Lebensphase (Abs. 6).

Abs. 6a regelt zudem die Möglichkeit der Vereinbarung einer Pflegezeit bzw. Freistellung im Kleinunternehmen.

3.2.1 Freistellung zur Pflege eines nahen Angehörigen

 

Rz. 16

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG sind Beschäftigte von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, d. h. im Haushalt der pflegebedürftigen Person oder in einem anderen Haushalt, in dem der Pflegebedürftige aufgenommen wurde, insbesondere auch dem Haushalt des Pflegenden.[1] Pflegezeit nach § 3 PflegeZG kann höchstens für einen Zeitraum von 6 Monaten für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen in Anspruch genommen werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG). Eine Aufteilung der Pflegezeit für jeden pflegebedürftigen Angehörigen in mehrere Zeitabschnitte ist allerdings nicht möglich. Dies ist auch dann nicht möglich, wenn insgesamt die 6-Monats-Grenze nicht überschritten wird.[2]

 

Rz. 17

Die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen ist durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PflegeZG).

 

Rz. 18

Der Anspruch auf (teilwe...

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