Rz. 117

Der Arbeitnehmer muss nicht von der Möglichkeit einer Annahme des Änderungsvorbehalts unter Vorbehalt nach § 2 KSchG Gebrauch machen. Er kann das Änderungsangebot auch vorbehaltlos annehmen oder ablehnen.

5.1 Annahme des Änderungsangebots ohne Vorbehalt

 

Rz. 118

Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos an, kommt durch einvernehmliche Vertragsänderung ein Arbeitsvertrag zu den geänderten Bedingungen zustande. Es gelten die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts.

Für eine vorbehaltlose Annahme gilt demnach nicht die kurze Frist nach. § 2 Satz 2 KSchG, sondern die Rechtzeitigkeit richtet sich nach §§ 147 ff. BGB. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich frei, sein Änderungsangebot zu befristen. Die gesetzliche Mindestfrist für eine Vorbehaltsannahme nach § 2 Satz 2 KSchG bildet dabei jedoch die Untergrenze auch für eine vorbehaltlose Annahme.[1] Eine zu kurze Bestimmung der Annahmefrist führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, sondern setzt die gesetzliche Frist des § 2 Satz 2 KSchG in Lauf. Der Arbeitnehmer kann also in jedem Fall die Annahme vorbehaltlos oder unter Vorbehalt innerhalb der Frist des § 2 Satz 2 KSchG erklären.[2] Eine verspätete Annahmeerklärung gilt nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Änderungsangebot, welches der Arbeitgeber seinerseits annehmen kann.

[1] BAG, Urteil v. 18.5.2006, 2 AZR 230/05, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 83, NZA 2006, 1092, zu B II 3 c der Gründe.
[2] BAG, Urteil v. 18.5.2006, 2 AZR 230/05, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 83, NZA 2006, 1092, zu B II 3 d der Gründe.

5.2 Ablehnung des Änderungsangebots

 

Rz. 119

Ohne Vorbehalts- oder vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer tritt die auflösende Bedingung, unter welcher die Kündigung erklärt wurde, nicht ein, sodass diese wie eine "normale" Beendigungskündigung wirkt. Der Arbeitnehmer kann sie mit dem üblichen Feststellungsantrag nach § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich angreifen und die soziale Rechtfertigung der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung zur Überprüfung stellen.

Sofern er nicht ausnahmsweise einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG hat, kann er seine Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zunächst nicht verlangen. Sollte er zumindest erstinstanzlich mit der Kündigungsschutzklage obsiegen, kann sich jedoch – anders als bei der Erklärung der Vorbehaltsannahme nach § 2 KSchG (s. o. Rz. 74) – ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch, und zwar zu den bisherigen Bedingungen, ergeben.[1]

Steht rechtskräftig fest, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt war, besteht das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Arbeitsbedingungen fort. Wird die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam. Der Arbeitnehmer, der nicht zumindest unter Vorbehalt zu den geänderten Arbeitsbedingungen tätig werden will, trägt damit das Risiko der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass seine Kündigungsschutzklage erfolglos bleiben sollte.

Hat der Arbeitgeber die Änderungskündigung mit einem Hinweis nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG versehen, entsteht mit Verstreichenlassen der Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG der gesetzliche Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG zugunsten des Arbeitnehmers, wenn dieser das Änderungsangebot nicht annimmt oder vorbehaltlos ablehnt. Denn § 1a KSchG ist auch auf eine aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochene Änderungskündigung anwendbar, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht zumindest unter Vorbehalt angenommen hat.[2]

 

Rz. 120

Hat der Arbeitnehmer ein ihm bereits vor dem Ausspruch einer Kündigung unterbreitetes Änderungsangebot abgelehnt, ist der Arbeitgeber dennoch verpflichtet, eine Änderungskündigung auszusprechen. Eine Beendigungskündigung ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen auch im Fall des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht annehmen, auch nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung. Hierfür trägt der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren die Darlegungs- und Beweislast.[3] Das BAG hat in der Entscheidung vom 21.4.2005 ausdrücklich Bedenken an seiner bisherigen Rechtsprechung[4] geäußert, wonach dann, wenn es der Arbeitgeber unterlassen hat, ein Änderungsangebot zu machen, für die Wirksamkeit der Beendigungskündigung – fiktiv – zu prüfen sei, ob der Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen bei einem entsprechenden Angebot vor oder mit Ausspruch der Kündigung zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte.

 

Rz. 121

Lehnt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot insgesamt ab, nimmt es also nicht zumindest unter dem Vorbehalt nach § 2 KSchG an, kann darin ein böswilliges Unterlassen i. S. v. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG liegen, zumutbare Arbeit anzunehmen mit der Folge, dass kein Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt besteht.[5] Die Sozialwidrigkeit der Kündigung hat nicht zwingend die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen zur Folge.[6]). Die Wahlmöglichkeit des § 2 Satz 1 KSchG wird deshalb faktisch du...

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