Rz. 931

Die Tarifvertrags- und Betriebspartner dürfen in einer Auswahlrichtlinie auch weitere soziale Gesichtspunkte berücksichtigen; auch dabei handelt es sich um eine Bewertung der 4 Kriterien des § 1 Abs. 3 KSchG in ihrem Verhältnis zueinander.[1]

 

Rz. 932

Allerdings müssen diese Kriterien einen Bezug zum Anstellungsverhältnis aufweisen. Daher können etwa eine Berufskrankheit oder ein (unverschuldeter) Arbeitsunfall ggf. den Ausschlag zugunsten eines Arbeitnehmers geben[2]; unzulässig ist es dagegen, private Umstände wie das Einkommen des Ehegatten oder eine Erbschaft zulasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.[3] Unbeachtlich sind grds. auch Aspekte aus der Interessensphäre des Arbeitgebers, etwa personen- oder leistungsbedingte Umstände, die bestimmte Arbeitnehmer für den Arbeitgeber besonders interessant machen.[4] Eine Ausnahme gilt nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG (Schutz der betrieblichen Leistungsträger und einer ausgewogenen Personalstruktur).

 

Rz. 933

Die Privilegierung des § 1 Abs. 4 KSchG gilt indessen nur für die Entscheidung der Tarifvertrags- bzw. Betriebspartner, wie die sozialen Gesichtspunkte des § 1 Abs. 3 KSchG in ihrem Verhältnis zueinander zu gewichten sind. Ob diese 4 Hauptkriterien überhaupt noch ausreichend Berücksichtigung gefunden haben oder durch weitere Gesichtspunkte verwässert werden, ist dagegen ausschließlich am Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG zu überprüfen.[5] Insoweit steht den Tarifvertrags- bzw. Betriebspartnern – wie allgemein bei Kollektivvereinbarungen – ein Beurteilungsspielraum zu.[6]

[1] KR/Griebeling/Rachor, 11. Aufl. 2016, § 1 KSchG, Rz. 699; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 409; zurückhaltend Willemsen/Annuß, NJW 2004, S. 177, 180; a. A.: v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 15. Aufl. 2013, § 1 KSchG, Rz. 930.
[2] APS/Kiel, 5. Aufl. 2017, § 1 KSchG, Rz. 654. unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 421/03, S. 15.
[3] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 383.
[4] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 381; ErfK/Oetker, 18. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 336; vgl. auch APS/Kiel, 5. Aufl. 2017, § 1 KSchG, Rz. 653 m. w. N.
[5] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 409.
[6] ErfK/Oetker, 18. Aufl. 2018, § 1 KSchG, Rz. 305a, 351.

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