5.1 Art und Umfang der Unterrichtung

 

Rz. 38

§ 613a Abs. 5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat.[1] Die umfangreiche Unterrichtungspflicht wird überwiegend kritisiert, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Richtlinie bei Vorhandensein eines Betriebsrats lediglich die Unterrichtung dieses Organs vorsieht. Es wird bezweifelt, ob § 613a Abs. 5 BGB eine Hilfestellung für die im dreiseitigen Interesse zügig gebotene Entscheidung des Arbeitnehmers über einen Widerspruch bietet.[2] Problematisch ist die Unterrichtungspflicht vor allem dann, wenn dem Veräußerer ein Betriebsübergang durch Auftragsnachfolge und Übernahme einer ausreichenden Zahl von Arbeitnehmern nicht bekannt ist.[3]

 

Rz. 39

Über den Betriebsübergang sind alle von ihm betroffenen Arbeitnehmer zu unterrichten. Das sind die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis dem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil zuzuordnen ist. Zur Unterrichtung verpflichtet sind der Veräußerer und der Erwerber.

 

Rz. 40

Die Unterrichtung hat zumindest in Textform zu erfolgen (§ 126b BGB), möglich ist also auch eine Information mittels E-Mail. Es ist unschädlich, wenn die Unterrichtung durch ein Standardschreiben erfolgt.[4] § 613a Abs. 5 BGB erfordert keine individuelle Unterrichtung einzelner Arbeitnehmer. Erforderlich ist aber eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in möglichst verständlicher Sprache.[5] Die Unterrichtung kann grds. in Deutsch erfolgen.[6] Eine standardisierte Information muss etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen.[7] Der bzw. die Arbeitgeber haben den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer so zu unterrichten, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten.[8] § 613a Abs. 5 BGB fordert eine Information der Arbeitnehmer auch über die mittelbaren Folgen des Betriebsübergangs. Führen die ökonomischen Rahmenbedingungen bei dem neuen Betriebsinhaber zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer, dass dies ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses darstellt, so ist darüber zu unterrichten, auch wenn hiervon nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen sind.[9] Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung.[10] Zu beachten ist, dass Kenntnisse eines Beteiligten am Betriebsübergang dem anderen zugerechnet werden.[11] Sie müssen sich somit ggf. untereinander informieren.[12]

 

Rz. 41

Die Unterrichtung soll grds. vor dem Betriebsübergang erfolgen. Die Unterrichtung kann aber auch erst nach dem Betriebsübergang erfolgen.[13] Das ist in der Praxis vor allem dann der Fall, wenn notwendige Informationen im Einzelfall vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch nicht vorliegen.[14] Wird die Unterrichtung später vervollständigt, ist die Vervollständigung aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit als solche zu bezeichnen, damit der Arbeitnehmer von dem nunmehrigen Beginn der Widerspruchsfrist Kenntnis erlangt. Sie wirkt nicht auf die ursprüngliche Information zurück.[15] Die Widerspruchsfrist beginnt für den Arbeitnehmer in diesem Fall erst mit Zugang der Vervollständigung zu laufen.

 

Rz. 42

Der Veräußerer und der Erwerber sind für die Erfüllung der Unterrichtungspflicht im Streitfalle darlegungs- und beweispflichtig.[16] Entspricht die Unterrichtung formal den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, ist es Sache des Arbeitnehmers, einen Mangel näher darzulegen.[17] Der zur Unterrichtung Verpflichtete muss dann ggf. Einwände des Arbeitnehmers mit entsprechenden Darlegungen und Beweisantritten entkräften.[18]

 

Rz. 43

In inhaltlicher Hinsicht gilt Folgendes[19]: Der Betriebsübernehmer muss ggf. mit Firmenbezeichnung und Anschrift so genau genannt werden, dass er identifizierbar ist. Über die Identität ist so zu unterrichten, dass die Adressaten in die Lage versetzt werden, Erkundigungen über den Erwerber einzuholen. Dazu gehören bei Gesellschaften die Firma, die Angabe eines Firmensitzes und die Angabe einer Geschäftsadresse.[20] Soweit solche Angaben noch nicht gemacht werden können, muss dies offengelegt werden und die Angaben sind nachzuholen. Nicht ausreichend ist deshalb eine Unterrichtung darüber, dass der Betrieb auf "eine neue GmbH" übergeht.[21] Kann mangels Gründung des Erwerbers noch keine vollständige gesetzliche Vertretung angegeben werden, verlangt das BAG...

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