6.1 Rückzahlung von Ausbildungskosten

 

Rz. 29

Der Arbeitgeber hat ein Interesse daran, dass seine Mitarbeiter ihren Kenntnisstand durch Fortbildungen ständig erweitern, um so seine Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Um dies zu gewährleisten, wird der Arbeitgeber regelmäßig die Kosten der Fortbildung tragen. Diese Kosten stellen für den Arbeitgeber Investitionen in die Zukunft dar, die sich durch eine möglichst lang andauernde Beschäftigung der betreffenden Mitarbeiter wirtschaftlich für das Unternehmen auszahlen sollen. Um dies zu sichern und die Arbeitnehmer an sich zu binden, wird der Arbeitgeber ein Interesse daran haben, in den Vertrag Rückzahlungsklauseln für gezahlte Fortbildungskosten aufzunehmen.

 
Praxis-Beispiel
  1. Das Unternehmen übernimmt die für _________________________________ [Bezeichnung der Fortbildung] anfallenden Ausbildungs-, Unterbringungs- und Reisekosten. Die Kosten betragen insgesamt _______________________ EUR.
  2. Scheidet der/die Mitarbeiter/in aufgrund eigenen Verschuldens, insbesondere aufgrund einer verhaltensbedingten Kündigung oder auf eigenen Wunsch innerhalb von ________ Jahren nach dem Ende der Ausbildung aus dem Arbeitsverhältnis aus, sind sämtliche für die Ausbildung angefallenen Kosten zu erstatten. Diese Erstattungspflicht des/der Mitarbeiters/in vermindert sich jedoch für jeden vollen Monat, den er/sie nach Beendigung der Ausbildung/Fortbildung für das Unternehmen tätig ist, um __________________.
  3. Dieselbe Verpflichtung besteht auch bei schuldhafter Nichterreichung des Ausbildungsziels.

6.1.1 Allgemeines

 

Rz. 30

Von vornherein unzulässig sind Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsverträgen, wenn der Arbeitgeber gesetzlich, tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung zu Schulungsmaßnahmen verpflichtet ist. Auch bei Berufsausbildungsverhältnissen ist eine Erstattungspflicht nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ausgeschlossen. Im Übrigen sind Rückzahlungsklauseln an § 242 BGB zu messen, wobei hier das Recht des Arbeitnehmers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes aus Art. 12 GG Beachtung findet. Vorformulierte Rückzahlungsvereinbarungen unterliegen zudem der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, jedoch gelten die vom BAG zu § 242 BGB entwickelten Grundsätze entsprechend. Notwendig für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel ist daher, dass die Rückzahlungspflicht einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entspricht und bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls für den Arbeitnehmer zumutbar ist.

6.1.2 Voraussetzungen

6.1.2.1 Geldwerter Vorteil

 

Rz. 31

Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung setzt daher voraus, dass die Fortbildung/Qualifikation für den Arbeitnehmer auch nach einem Arbeitgeberwechsel von Vorteil ist. Dem jeweiligen Arbeitnehmer muss ein geldwerter Vorteil verbleiben.[1] Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer infolge der Fortbildung höher qualifizierte Arbeiten in einem anderen Unternehmen übernehmen kann. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer durch die Fortbildung auf dem Arbeitsmarkt einen höheren Verdienst erzielen kann oder verbesserte Chancen zum beruflichen Aufstieg bestehen. Auf der anderen Seite ist eine Rückzahlungsverpflichtung unzulässig, wenn die Fortbildung ausschließlich dem jetzigen Betrieb und nur der Auffrischung vorhandener Kenntnisse dient.

6.1.2.2 Zulässige Bindungsdauer

 

Rz. 32

Die zulässige Bindungsdauer hängt ab von der Dauer der Fortbildung und der darin erworbenen Qualifikation. Für die Länge der Bindungsfrist hat die Rechtsprechung Regelwerte aufgestellt, die allerdings einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind.[1]

 
Lehrgangsdauer Zulässige Bindungsdauer
bis zu 1 Monat 6 Monate
1-2 Monate 1 Jahr
2-5 Monate 2 Jahre
5 Monate – 2 Jahre 3 Jahre
2 Jahre oder mehr 5 Jahre

6.1.2.3 Bestimmtheit der Rückzahlungsklausel

 

Rz. 33

Um dem Bestimmtheitsgebot des § 307 BGB gerecht zu werden, ist im Rahmen der Rückzahlungsklausel zu regeln, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe den Arbeitnehmer eine Rückzahlungsverpflichtung trifft. Eine Rückzahlungsklausel bei Austritt aus eigenem Wunsch oder Verschulden benachteiligt den Arbeitnehmer hingegen in der Regel nicht unangemessen. Eine Rückzahlungsklausel für Ausbildungskosten, die eine Rückzahlungspflicht – unabhängig vom Beendigungsgrund – bei jeglicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist allerdings gem. § 307 BGB unwirksam.[1] In der Rückzahlungsklausel ist daher anzuführen, bei welchen Beendigungsgründen des Arbeitsverhältnisses den Arbeitnehmer eine Rückzahlungspflicht trifft. Eine Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers scheidet aus, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundlos beendet oder der Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen entlassen wird. In diesen Fällen liegt es nicht an dem Arbeitnehmer, dass er seine Leistung nicht mehr erbringen kann. Mit diesem Risiko darf der Arbeitnehmer nicht belastet werden. Ebenso verhält es sich, wenn dem Arbeitnehmer unverschuldet dauerhaft die Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung unmöglich ist. Eine Rückzahlungsverpflichtung wird hier als nicht i...

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