5.1 Regelungsgehalt

 

Rz. 22

Die beiden Varianten des § 307 Abs. 2 BGB konkretisieren die in Absatz 1 Satz 1 enthaltene Generalklausel. Ebenso wie bei dem Transparenzgebot handelt es sich mithin um Regelbeispiele der unangemessenen Benachteiligung.

 

Rz. 23

Nach § 307 Abs. 2 BGB ist im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung im Sinn der Generalklausel dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung in den AGB mit "wesentlichen Grundgedanken" der abbedungenen gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist oder wenn sie wesentliche Rechte und Pflichten vertragszweckwidrig einschränkt. Eine unangemessene Benachteiligung ist anzunehmen, wenn gegen das Aushöhlungsverbot des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB verstoßen, mithin der Vertragszweck gefährdet wird.

 

Rz. 24

Die Bedeutung des Abs. 2 für Arbeitsverträge ist begrenzt, da das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht überwiegend zwingenden Charakter hat und daher eine Abweichung i. S. d. Absatzes 2 denklogisch kaum existiert.

5.2 Unangemessene Benachteiligung nach Nr. 1

5.2.1 Gesetzliche Regelung

 

Rz. 25

Als gesetzliche Regelung gelten die formellen und materiellen Vorschriften des dispositiven Rechts sowie die von der Rechtsprechung entwickelten ungeschriebenen Rechtsgrundsätze und durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung abgeleitete Rechtsregeln.[1] Tarifverträge sowie Dienst- oder Betriebsvereinbarungen sind dabei keine gesetzlichen Regelungen. Dispositives Recht ist dasjenige Recht, von dem durch Vereinbarung abgewichen werden kann. Aus diesem Grunde ist der Anwendungsbereich des Absatzes 2 im Arbeitsrecht gering. Mit Erfassung des Richterrechts wird der Anwendungsbereich allerdings wieder etwas erweitert, beispielsweise durch die Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsanspruch der Arbeitnehmer und Freistellungsklauseln.[2]

[2] Clemenz/Kreft/Krause/Klumpp, 307 BGB, Rn. 68.

5.2.2 Abweichen von wesentlichen Grundgedanken

 

Rz. 26

Mit der Formulierung "wesentliche Grundgedanken" bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass nicht jede Abweichung von den gesetzlichen Regeln zur Unangemessenheit führt. Die Rechtsprechung bedient sich insoweit an entwickelten gesetzlichen Leitbildern. Als Beispiel sei hier das Erfordernis des Verschuldens für die Verwirkung einer Vertragsstrafe zu nennen.[1] Daraus folgt, dass zunächst die Grundgedanken einer Norm freigelegt werden müssen, um sodann durch einen Vergleich des durch AGB vereinbarten Zustandes mit dem, der nach der gesetzlichen Regelung vorläge, eine Abweichung feststellen zu können.

5.2.3 Unvereinbarkeit

 

Rz. 27

Auch führt nicht jedes Abweichen bereits zur Unangemessenheit und damit zur Unwirksamkeit, sondern lediglich dann, wenn dies unvereinbar ist. Erforderlich ist es daher, dass nicht nur im Randbereich, sondern im Kern von den wesentlichen Grundgedanken abgewichen wird.

5.3 Unangemessene Benachteiligung nach Nr. 2

 

Rz. 28

In § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist das sogenannte "Aushöhlungsverbot" normiert. Der Gesetzgeber erklärt damit Klauseln für unwirksam, die die Rechtspositionen des Vertragspartners, die ihm nach dem Vertragszweck zustehen, wesentlich beeinträchtigen.[1]

Die Grenzen von Nr. 1 und Nr. 2 können verschwimmen. Nr. 2 soll dabei insbesondere in Fällen dienen, in denen keine von Nr. 1 erfassten Rechtsnormen zur Verfügung stehen, sondern Maßstab die wesentlichen Rechte und Pflichten sind, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben.[2] Sofern diese wesentlichen Rechte und Pflichten so weit eingeschränkt werden, dass der Vertragszweck gefährdet ist, liegt ein Verstoß vor. Auch hier reicht damit nicht eine leichte Einschränkung aus, sondern diese muss dazu führen, dass die Rechte und Pflichten "ausgehöhlt" werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Rechtsposition der Vertragspartei so weit beschränkt wird, dass das mit dem Vertrag beabsichtigte wirtschaftliche Ergebnis gefährdet wird.[3]

[1] BGH, Urteil v. 20.6.1984, VIII ZR 137/83.
[2] Däubler/Bonin/Deinert/Bonin, § 307 BGB, Rn. 228.

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