Bei Tendenzbetrieben sind die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats insoweit eingeschränkt, als durch die Ausübung des Beteiligungsrechts die geistig-ideelle Zielsetzung des Unternehmens ernstlich beeinträchtigt werden kann.

Im einzelnen bedeutet dies:

Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten

Die volle personelle Mitbestimmung entfällt bei tendenzbezogenen Maßnahmen gegenüber Tendenzträgern. Tendenzträger sind die Arbeitnehmer, für deren Tätigkeit die Bestimmungen und Zwecke des Tendenzunternehmens prägend sind. Sie müssen auf die Tendenzverwirklichung einen maßgeblichen Einfluß nehmen können.

Tendenzbezogen sind alle Maßnahmen, die unmittelbar der Verwirklichung der geistig-ideellen Aufgabe dienen und nicht nur dem äußeren Funktionieren des Betriebes. So besteht z.B. kein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung oder Versetzung eines Redakteurs in einem Zeitschriftenverlag oder bei einem Lehrer in einer Schule (z.B. Lehrkräfte, die in einem Berufsförderungswerk beschäftigt werden). Allerdings "schließt der Tendenzschutz des BetrVG zugunsten erzieherischer und karitativer Ziele nicht aus, dass dem Betriebsrat durch Tarifvertrag ein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung von Tendenzträgern eingeräumt wird".[1] Hingegen bleiben die Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte des Betriebsrates grundsätzlich bestehen. In den obigen Beispielen ist sonach dem Betriebsrat Mitteilung über die einzustellende Person, den Einstellungstermin, den Arbeitsplatz, die Eingruppierung und die Auswirkung auf das Betriebsgeschehen zu machen. Der Betriebsrat kann dann auch binnen 1 Woche schriftlich Bedenken geltend machen, mit denen sich der Arbeitgeber sachlich auseinandersetzen muß. Weitergehende Beteiligungsrechte stehen dem Betriebsrat nicht zu. Nicht zu den Tendenzträgern zählen z.B. Krankenschwestern und Pflegepersonal in einem Krankenhaus oder in einer Dialysestation.

Bei einem Streit über die Frage, ob die personelle Maßnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, braucht der Arbeitgeber diesen Streit nicht in einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG entscheiden zu lassen. Er kann vielmehr die personelle Maßnahme durchführen. Er läuft dabei lediglich das Risiko, daß ihm vom Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats nach § 101 BetrVG aufgegeben wird, die Maßnahme wieder aufzuheben, wenn kein Tendenzschutz vorliegt.

Bei einer Kündigung findet auch in Tendenzbetrieben grundsätzlich der allgemeine und besondere Kündigungsschutz Anwendung. Allerdings besteht insofern eine Besonderheit, als eine ordentliche wie – je nach den Umständen des Einzelfalls – eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein kann, wenn ein Tendenzträger nachhaltig der Tendenz des Betriebes zuwiderhandelt. Vor einer Kündigung eines Tendenzträgers sind dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitzuteilen. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam.[2] Die Einwendungen des Betriebsrats müssen sich jedoch auf soziale Gründebeschränken. Einwendungen, die sich auf tendenzbezogene Kündigungsgründe beziehen, sind unbeachtlich. Ein derart tendenzbezogener Kündigungsgrund kann z.B. vorliegen, wenn ein in einem katholischen Krankenhaus angestellter Arzt entgegen der religiös motivierten Zielsetzung des Krankenhauses eine Schwangerschaftsunterbrechung vornimmt oder ein Redakteur einer gewerkschaftseigenen Zeitschrift einen Artikel mit gewerkschaftsfeindlichem Inhalt verfaßt.

Einblick in die Bruttolohn- und -gehaltslisten kann der Betriebsrat auch in einem Tendenzunternehmen nicht nur hinsichtlich der Arbeitnehmer verlangen, deren Tätigkeit rein technischer Natur ist, sondern auch hinsichtlich der Tendenzträger.[3]

Des weiteren kann der Betriebsrat die innerbetriebliche Ausschreibung von Arbeitsplätzen (§ 93 BetrVG) auch für Tendenzträger verlangen. Das Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Eingruppierung ist nicht eingeschränkt.

Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten

Im Rahmen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten sowie bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufes wird eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte i.d.R. nicht erforderlich sein. So besteht z.B. ein volles Mitbestimmungsrecht in einer Privatschule bei der Festlegung der Höchstgrenzen für Vertretungsstunden gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrern.[4] Andererseits ist mitbestimmungsfrei die Entscheidung des Schulträgers einer Privatschule, im Rahmen eines Ganztagsschulbetriebes Lehrer an den Nachmittagen zu Unterrichts- und Betreuungsstunden heranzuziehen.[5] Des weiteren auch die Änderung von Dienstplänen für Pflegekräfte in karitativen Einrichtungen, sofern die Dienstplaneinteilung für die Verwirklichung der karitativen Einrichtung prägend ist.[6] Auch hinsichtlich der Frage des geteilten Dienstes für die im pädagogisch-pflegerischen Bereich eines Behindertenwohnheims eingesetzten Arbeitnehmer besteht kein Mitbestimmungsrecht.

Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

In Tendenzunternehmen finden die §§ 106- 110 BetrVG keine ...

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