2.1 Prüfung der Voraussetzungen

 

Rz. 3

Abs. 1 schreibt für die Prüfung der Voraussetzungen zwingend die Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vor. Dieser ist nach Maßgabe des Art. 73 Abs. 4 Satz 3 und 4 GRG eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 278 Abs. 1 SGB V). Die Ärzte des MDK stehen folglich in keinem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu den Kranken- bzw. Pflegekassen. Sie sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen (§ 275 Abs. 5 SGB V).

 

Rz. 4

Bei Eingang eines Leistungsantrags des Versicherten hat die Pflegekasse eine Prüfung durch den MDK zu veranlassen. Beim Prüfungsauftrag sind die Pflegebedürftigkeits-Richtlinien nach § 17 und die Begutachtungs-Richtlinien-BRi, vgl. § 53a, zu beachten. Daneben hat der MDK bei jedem Antragsteller zu prüfen, ob eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz i.S.d. § 45a vorliegt, da auch ohne Pflegebedürftigkeit nach Stufe I (§ 15) Leistungen nach § 45b gewährt werden. Die Entscheidungen, begünstigend oder belastend, werden als Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) der Pflegekasse erlassen, wobei die Feststellungen in Gestalt von Gutachten des MDK zielführende Beweismittel i.S.d. § 21 SGB X sind. Die Feststellungen des MDK enthalten jedoch keine verpflichtende Bindungswirkung gegenüber der Pflegekasse.

2.2 Inhalt und Ablauf der Untersuchung

 

Rz. 5

Abs. 2 bestimmt, dass der MDK die Pflegebedürftigkeit des Versicherten i.d.R. in dessen häuslicher Umgebung zu prüfen hat. Dies schließt aber nicht aus, dass ein Versicherter, der sich noch im Krankenhaus oder einer stationären Rehabilitationseinrichtung befindet, bereits dort untersucht werden kann. Die Einbeziehung des häuslichen Umfeldes in die Prüfung kann dann im Nachhinein vorgenommen werden, ggf. auch durch eine Pflegefachkraft oder einen Sozialarbeiter. Ausnahmsweise kann die Untersuchung im Wohnbereich des Pflegebedürftigen unterbleiben, wenn

  • aufgrund einer eindeutigen Aktenlage das Ergebnis der medizinischen Untersuchung bereits feststeht,
  • die Anspruchsvoraussetzungen auch ohne eine Begutachtung von vornherein wegen fehlender Vorversicherungszeit (§ 33) verneint werden müssen.
 

Rz. 6

Der MDK hat bei der Prüfung auch die Möglichkeit einer Rehabilitation mit einzubeziehen und abzuschätzen, in welchem Umfang Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit notwendig und zumutbar sind.

 

Rz. 7

Die Pflegekassen senden, nachdem sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen geprüft haben, den Antrag auf Anerkennung der Pflegebedürftigkeit der zuständigen MDK-Untersuchungsstelle zu. Die weitere Bearbeitung hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Unterlagen vollständig sind. Das ärztliche Attest sowie alle für die Beurteilung notwendigen Unterlagen sollten immer dem Prüfungsauftrag beigefügt sein. Der MDK benötigt von der Pflegekasse alle Daten, Diagnosen, stationären Behandlungszeiten, Heil- und Hilfsmittelverordnungen sowie Angaben über erbrachte Leistungen im Rahmen häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V).

 

Rz. 8

Wenn auch der Versicherte nach Abs. 2 verpflichtet wird, sein Einverständnis zu der Untersuchung in seinem Wohnbereich zu geben, sollte davon ausgegangen werden, dass zwischen den Beteiligten immer ein Besuchstermin vereinbart wird.

Das Ergebnis der Prüfung der Pflegebedürftigkeit durch den MDK ist für den Versicherten, insbesondere für seine wirtschaftliche Situation sowie für die Pflegekasse hinsichtlich ihrer Entscheidung bei der Zuordnung zu einer Pflegestufe, von großer Bedeutung. Andererseits ist die Begutachtung ein komplexer Vorgang.

Die mit Wirkung zum 1.7.2001 durch das SGB IX eingefügte Änderung des Abs. 1 Satz 2, wonach die Prüfung durch eine Befragung des Versicherten und seiner pflegenden Angehörigen zum Hilfebedarf bei den regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens zu erfolgen hatte, wurde durch das PQsG zum 1.1.2002 gestrichen und durch den eingefügten Satz 2 in Abs. 4 ersetzt. Die Befragung als sinnvoller und unerlässlicher Pflichtbestandteil der Begutachtung wurde einer schwächeren Sollvorschrift preisgegeben, die einer gewissenhaften Begutachtung mangels einer Einverständniserklärung des Versicherten durchaus im Wege stehen kann. Darüber hinaus erfährt hierdurch der den Behörden (Pflegekassen) durch § 20 SGB X auferlegte Untersuchungsgrundsatz insoweit eine systemwidrige Einschränkung, als die Pflegekassen sich bei Weigerung des Versicherten nicht aller Beweismittel (§ 21 SGB X) bedienen können.

 

Rz. 9

Zu Beginn der Untersuchung wird eine ausführliche Anamnese mit Schwerpunkt zu dem im Vordergrund stehenden Leiden erhoben. Schon bei Erhebung der Krankheitsvorgeschichte und dem Erfragen der Beschwerden kann oft festgestellt werden, ob die zu pflegende Person orientiert ist, ob das Kurzzeitgedächtnis gestört oder erhalten ist und das Langzeitgedächtnis noch funktioniert. Eine bis ins Detail gehende Untersuchung ist nicht immer erforderlich. Deren No...

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