Nur ein Arbeitnehmer kann die Schutzrechte des Arbeitsrechts in Anspruch nehmen. Auch der Betriebsrat kann als Arbeitnehmerrepräsentant nur für Arbeitnehmer tätig sein. §§ 5 Abs. 1, 6 BetrVG versuchen auf nicht gelungene Weise darzustellen, wer Arbeitnehmer sein soll.

Nach der herrschenden Meinung gilt:

Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienst eines anderen zur Arbeit verpflichtet ist.[1]

Es müssen also folgende Voraussetzungen vorliegen:

[1] Grundlegend: Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Band I, 7. Aufl. 1963, § 9 II; später BAG, Urt. v. 10.03.1975 – 5 AZR 162/74 -, 13.01.1983 – 5 AZR 149/82 -, 13.01.1983 – 5 AZR 156/82 -, BAG, Urt. v. 09.05.1984 – 5 AZR 195/82 -, vgl. auch Schaub AH § 8 I, S. 28 f.

2.6.1 Arbeit

Arbeit ist nicht im physikalischen Sinn (Arbeit = Kraft x Weg), sondern im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Sie ist somit jede Betätigung oder jedes Verhalten, das zur Befriedigung eines Bedürfnisses dient und im Wirtschaftsleben als Arbeit angesehen wird. Es kann sich hierbei um eine geistige oder körperliche Betätigung niederer oder höherer Art handeln. Deshalb leisten auch ein Malermodell oder eine Artistin, die über ein Seil getragen wird, Arbeit, denn es müssen zumindest psychische Hemmnisse überwunden werden.[1]

Auch die Arbeitsbereitschaft gehört zur Arbeit. Sie setzt nämlich eine bestimmte Leistung, d.h. die "wache Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung"[2] voraus.

Das Bedürfnis, das durch die Arbeit befriedigt werden soll, darf nicht bloßer Selbstzweck sein (z.B. spielerische oder sportliche Betätigung), es geht vielmehr um einen Fremdbedarf, der gedeckt werden soll (d.h. Fußballtrainer, sonst. Trainer, Sportlehrer etc. leisten Arbeit).

[1] Schaub AH § 8 II.1., S. 29.

2.6.2 Privatrechtlicher Vertrag

Hiermit soll klargestellt werden, daß sich der Arbeitnehmer freiwillig in den Dienst eines anderen begeben hat und andererseits der Arbeitgeber den Willen zur Beschäftigung haben muß. Mit diesem Erfordernis soll der Arbeitnehmer von anderen Personengruppen abgegrenzt werden, die zwar auch abhängige Arbeit leisten, aber dennoch nicht dem Arbeitsrecht unterstehen.

 
Praxis-Beispiel
  • die Rotkreuzschwester erbringt ihre Arbeitsleistung i. d. R. aufgrund ihrer vereinsrechtlichen Mitgliedschaft in der Schwesternschaft und nicht aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags;[1]
  • die Mitarbeit eines Familienangehörigen in einem Betrieb kann sich aus der familienrechtlichen Mitarbeitsverpflichtung gem. §§ 1356, 1619 BGB ergeben;
  • der Beamte steht ein einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Art. 33 GG), damit liegt kein privatrechtlicher Vertrag vor;
  • die Strafgefangenen stehen in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis. Ihre Arbeitspflicht ergibt sich aus Gesetz (§ 41 StVollzG).

2.6.3 Im Dienst eines anderen

Der Arbeitnehmer unterscheidet sich nach herrschender Meinung von seinem Arbeitgeber bzw. von einer aufgrund eines freien Dienstvertrags tätigen Person (z.B. freier Mitarbeiter / Honorarkraft; Arzt; Rechtsanwalt ) dadurch, daß er weisungsgebunden, oder gleichbedeutend formuliert, persönlich abhängig ist.[1]

Eine gewisse Abhängigkeit bringt zwar jede Dienstleistung mit sich. So muß sich auch ein Arzt, ein Rechtsanwalt oder ein Unternehmer nach bestimmten Vorgaben des Auftraggebers richten. Innerhalb dieser Vorgaben hat er jedoch freie Hand, er kann insbesondere auch gegebenenfalls neue Aufträge ablehnen.

Beim Arbeitsverhältnis handelt es sich jedoch um eine auf Dauer angelegte fremdnützige Beschäftigung. Diese nimmt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, unternehmerisch am Marktgeschehen teilzunehmen, weil er über seine Arbeitskraft nicht mehr frei verfügen kann. Der Verlust der Eigenständigkeit begründet die besondere soziale Schutzbedürftigkeit.

Der Arbeitnehmer ist persönlich abhängig.

Letztlich geht es hier um die Frage, ob die Abhängigkeit so groß ist, dass der Schutz des Abhängigen durch das Arbeitsrecht gerechtfertigt ist.[2]

Wann eine persönliche Abhängigkeit vorliegt, kann nur durch Indizien ermittelt werden.

Für eine persönliche Abhängigkeit spricht:

  • wenn nach einzelnen Weisungen und/oder unter fachlicher Aufsicht des Vertragspartners gearbeitet werden muß, d.h.: der Arbeitnehmer sucht sich seine Arbeit nicht selbst, sondern sie wird ihm übertragen - etwas anderes wäre es, wenn von vornherein vertraglich abstrakte Verpflichtungen vereinbart wurden;
  • wenn Zeit, Art und Ort der Arbeit vom anderen Vertragspartner bestimmt werden ( Weisungsgebundenheit in zeitlicher, inhaltlicher und örtlicher Hinsicht). Diese Kriterien werden aus § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB hergeleitet, der zwischen dem (selbständigen) Handelsvertreter und dem (unselbständigen) Handlungsgehilfen (§ 84 Abs. 2 HGB) abgrenzt, der Angestellter und damit Arbeitnehmer ist.[3] In der Vorschrift ist die allgemeine gesetzgeberische Wertung enthalten, daß der selbständig ist, der im wese...

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