Rz. 22

Auch mit Abs. 2 bewegt sich der Gesetzgeber im Rahmen der beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Union, die eine Beseitigung struktureller Nachteile für Beschäftigungen durch mangelnde Vereinbarkeit mit Familie und Beruf zum Ziel haben. Die Vorschrift hat hauptsächlich programmatischen Charakter und gewinnt daraus ihre Bedeutung. Aufgrund ihrer Einordnung im Kapitel 1 neben den Regelungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist sie den familienpolitisch motivierten Vorschriften zuzurechnen.

 

Rz. 23

Frauen und Männer, die ihre Erwerbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit wegen Kindererziehung oder Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger unterbrochen haben, sollen nach Maßgabe der individuellen und maßnahmebezogenen Leistungsvoraussetzungen alle zu ihrer beruflichen Wiedereingliederung notwendigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung erhalten können. Damit wird nach der Gesetzesbegründung klargestellt, dass Berufsrückkehrende auch nach der Zusammenführung von Arbeitslosengeld (Alg) und Unterhaltsgeld (Uhg) zu einer einheitlichen Entgeltersatzleistung (Alg bei beruflicher Weiterbildung nach § 144) unverändert durch die Übernahme der Kosten der beruflichen Weiterbildung gefördert werden können. Notwendigkeit ist dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entnommen und bedeutet im Zusammenhang mit Abs. 2, dass ohne die zu gewährende Leistung eine Berufsrückkehr nicht erreicht werden kann.

 

Rz. 24

Die Regelung ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Sie sichert Berufsrückkehrenden insbesondere keinen Rechtsanspruch auf eine Förderung zu. Andererseits wird den Agenturen für Arbeit auch kein eigenständiges Ermessen oder ein besonderer Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Personengruppe eingeräumt. Dieser wird auf sog. atypische Fälle beschränkt. Die Verweisung auf die Voraussetzungen im SGB III stellt klar, dass Leistungen im Rahmen der Regelungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung gezahlt werden sollen. Das Ermessen bei der Entscheidung über eine Förderung einer beruflichen Weiterbildung selbst bleibt unberührt. Es besteht ein Rechtsanspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Agentur für Arbeit. Auf den Umfang zugeteilter Haushaltsmittel im Eingliederungstitel kommt es nicht an. Zwar hat die Integrationsfachkraft in der Agentur für Arbeit zu beachten, ob Haushaltsmittel im Eingliederungsbudget vorhanden sind, die Agentur für Arbeit ist aber gehalten, die Eingliederungsmittel so zu bewirtschaften, dass sie das gesamte Kalenderjahr verfügbar sind.

 

Rz. 25

Wer Berufsrückkehrender ist, definiert § 20. Neben der Unterbrechung einer Erwerbstätigkeit, Ausbildung oder Arbeitslosigkeit zur Betreuung (und Erziehung) muss der Wille treten, in angemessener Zeit nach Beendigung der Betreuung in Erwerbstätigkeit zurückkehren zu wollen.

 

Rz. 26

Bei der Erwerbstätigkeit wird nicht auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen abgestellt. Relevant sind auch zurückgelegte Zeiten einer selbständigen Tätigkeit, im Beamtenverhältnis oder als mithelfende Familienangehörige.

 

Rz. 27

Aufsichtsbedürftig sind jedenfalls Kinder bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Die weite Auslegung des Abs. 1 gilt auch für Abs. 2.

 

Rz. 28

Die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger ist unabhängig von einer zugeordneten Pflegestufe nach dem SGB XI.

 

Rz. 29

Von einer Unterbrechung gehen die Agenturen für Arbeit bei einem Zeitraum von mindestens einem Jahr aus. Nach oben gelten für Berufsrückkehrende keine Grenzen. Ein Mini-Job steht einer Unterbrechung nicht entgegen.

 

Rz. 30

Ist nach dem Wegfall der Betreuung mehr als ein Jahr vergangen, entfällt der Status als Berufsrückkehrender (z. B. durch Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit).

 

Rz. 31

Umgekehrt bewirkt nicht jede Aktivität den Wegfall des Status als Berufsrückkehrender. Dies gilt insbesondere für Tatbestände, die auch bei der Bestimmung des Status als Langzeitarbeitsloser nach § 18 Abs. 2 unberücksichtigt bleiben (kurzfristige Beschäftigungen, Krankheitszeiten, kurze Zeiten ohne Nachweis).

 

Rz. 32

Nach aktueller Rechtslage kommt für Berufsrückkehrende neben Beratung und Vermittlung vor allem die Übernahme von Weiterbildungskosten und die Gewährung von Eingliederungszuschüssen (an Arbeitgeber) in Betracht. Insbesondere müssen berufliche Qualifikationsdefizite und andere Wettbewerbsnachteile auf dem ersten Arbeitsmarkt beseitigt werden. Grundsätzlich stehen Berufsrückkehrenden alle aktiven Maßnahmen der Arbeitsförderung offen, soweit sie nicht Versicherungspflichtzeiten innerhalb bestimmter Fristen voraussetzen, auf die ein Berufsrückkehrender gerade nicht verweisen kann. Die Agenturen für Arbeit haben über die Förderung von Berufsrückkehrenden Rechenschaft in der Eingliederungsbilanz (§ 11) abzulegen.

 

Rz. 33

Seit 2005 ist die Zahlung von Alg bei beruflicher Weiterbildung nach § 144 von einem Regelanspruch auf Alg abhängig. Nach Maßgabe des § 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 war in der Zeit vom 1.2.2006 bis 31.12.2016 eine Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung bei der Pfle...

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