Der TV greift nicht bei jeder Rationalisierungsmaßnahme. Vielmehr müssen nach § 1 RatSchTV Ang folgende Voraussetzungen kumulativ gegeben sein:

  • eine vom Arbeitgeber veranlasste Maßnahme,
  • die eine Änderung der Arbeitstechnik oder Arbeitsorganisation mit sich bringt,
  • die Änderung ist erheblich bzw. wesentlich,
  • die Maßnahme dient dem Ziel einer rationelleren Arbeitsweise,
  • die Maßnahme führt für den Arbeitnehmer zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Tarifvertrag ist anwendbar, wenn eine vom Arbeitgeber veranlasste Maßnahme vorliegt. § 1 RatSchTV Ang zählt beispielhaft Maßnahmen auf. Eine negative Abgrenzung erfolgt durch die Protokollnotiz zu Abs. 1 (siehe unten). Eine vom Arbeitgeber veranlasste Maßnahme liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn es sich um eine Reaktion auf Maßnahmen Dritter handelt.

 
Praxis-Beispiel

Ein Krankenhaus wurde aus dem Krankenhausbedarfsplan herausgenommen. Als Reaktion erfolgt die Schließung der gesamten Einrichtung.

Eine Änderung der Arbeitstechnik ist z. B. dann gegeben, wenn neue Anlagen oder neue Maschinen eingesetzt werden, die eine größere Leistungsfähigkeit haben. Nicht erfasst wird hingegen der normale Austausch alter durch neue Maschinen oder Anlagen, auch wenn diese einen höheren technischen Standard haben.

Hinsichtlich der Erheblichkeit bzw. Wesentlichkeit der Änderung ist gemäß der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 1 RatSchTV Ang auf deren Auswirkung in arbeitstechnischer oder arbeitsorganisatorischer Hinsicht abzustellen. Unerheblich ist, für wie viele Arbeitnehmer es zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen wird (Protokollnotiz Nr. 1, Unterabs. 4 zu § 1). Auch wenn mehrere Arbeitnehmer von der Maßnahme betroffen sind, liegt nicht automatisch eine erhebliche bzw. wesentliche Maßnahme vor. Andererseits kann eine Rationalisierungsmaßnahme i. S. d. Tarifvertrags vorliegen, wenn letztlich nur ein Arbeitnehmer berührt wird.

Bei einer schrittweisen Umsetzung einer Maßnahme ist die Erheblichkeit nicht anhand der einzelnen Maßnahme, sondern sämtlicher voraussichtlicher Maßnahmen zu beurteilen (Protokollnotiz Nr. 1 Unterabs. 2).

Eine wesentliche Änderung der Arbeitsorganisation kann auch vorliegen, wenn aufgrund von Arbeitsverträgen geleistete Arbeiten künftig aufgrund Werkvertrags durchgeführt werden sollen (z. B. bei Privatisierung des Reinigungsdienstes).

Die vom Arbeitgeber veranlasste Maßnahme muss zum Ziel haben, die Qualität oder die Quantität der Arbeit zu erhöhen, die Arbeit mit weniger Hilfsmittel, Zeit und Kosten zu erledigen.[1] Die Leistung des Betriebs bzw. der Dienststelle soll durch eine zweckmäßige Gestaltung der Arbeitsabläufe verbessert werden, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit oder Energie, Material und Kapital herabgesetzt wird.[2]

Des Weiteren muss die Maßnahme zu einem Wechsel der Beschäftigung bzw. zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Zwischen der vom Arbeitgeber veranlassten Maßnahme und der Folge für den Arbeitnehmer muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Ein Wechsel der Beschäftigung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer nur zu wesentlich veränderten Bedingungen an seinem bisherigen oder einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Wechsel aufgrund des Direktionsrechts erfolgen kann oder ob es hierzu einer Änderungskündigung bedarf. Entscheidend ist allein, dass dem von einer Rationalisierungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer eine neue, geänderte Tätigkeit übertragen wird.[3]

In § 1 RatSchTV Ang sind beispielhaft 5 Rationalisierungsmaßnahmen aufgezählt. Diese sind:

  • Stilllegung oder Auflösung einer Verwaltung/eines Betriebs bzw. eines Verwaltungs-/Betriebsteils,
  • Verlegung oder Ausgliederung einer Verwaltung/eines Betriebs bzw. eines Verwaltungs-/Betriebsteils
  • Zusammenlegung von Verwaltungen/Betrieben bzw. von Verwaltungs-/Betriebsteilen
  • Verlagerung von Aufgaben zwischen Verwaltungen/Betrieben,
  • Einführung anderer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren, auch soweit sie durch Nutzung technischer Veränderungen bedingt sind.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Beachten Sie, dass auch bei Vorliegen eines dieser Beispiele immer sämtliche Voraussetzungen des Unterabs. 1 kumulativ vorliegen müssen.

 
Praxis-Beispiel

Ein Landkreis unterhält ein ambulantes Therapiezentrum, in welchem mehrere Mitarbeiter mit verschiedenen Ausbildungen und Tätigkeiten arbeiten. Da den Erlösen ein Vielfaches an Personalkosten gegenübersteht, beschließt der Landkreis, die Einrichtung zu schließen.

Hierbei handelt es sich um eine Handlung, die in § 1 RatSchTV Ang als beispielhafte Maßnahme aufgeführt wird. Ob jedoch der Rationalisierungsschutztarifvertrag Anwendung findet, muss zusätzlich anhand der Voraussetzungen des § 1 RatSchTV Ang geprüft werden.

Da die Schließung des ambulanten Therapiezentrums zu erheblichen Auswirkungen bei den dort beschäftigten Mitarbeitern führt, ist diese Maßnahme wesentlich i. S. d. Tarifvertrags.

 
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