Für den Arbeitgeber sind hier mehrere Konstellationen denkbar:

  1. Abtretung und nachfolgende Pfändung

    Mit Abtretung einer Forderung des Schuldners ist der Abtretungsempfänger (Zessionar) neuer Gläubiger des Drittschuldners geworden (§ 398 BGB). Die Forderung gehört nun zu seinem Vermögen und nicht zum Vermögen des Schuldners. Gleichwohl geht bei einer Pfändung von Arbeitseinkommen die Pfändung nicht völlig ins Leere. Vielmehr erhält hier der Pfändungsgläubiger eine "Warteposition". Sobald das gepfändete Recht entsteht, z.B. weil die der Abtretung zugrunde liegende Forderung befriedigt ist und die Forderung zurück abgetreten wird, wird die Pfändung wirksam. Der Gläubiger muss nicht erneut pfänden.

  2. Pfändung und nachfolgende Abtretung

    Die Abtretung verstößt gegen das Verfügungsverbot des § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO. Gleichwohl ist die Abtretung nicht schlechthin unwirksam, sondern nur gegenüber dem Pfändungsgläubiger. Sobald der vorrangige Pfändungsgläubiger befriedigt ist, kommt die Abtretung voll zur Wirkung. Auch hier erlangt der Abtretungsgläubiger eine "Warteposition". Wenn weitere Gläubiger zeitlich nach der Abtretung eine Pfändung bewirken, ist ihnen gegenüber die Abtretung vorrangig.

    Besonderheiten gelten, wenn an einen bevorrechtigten Gläubiger (z.B. Unterhaltsgläubiger) der Lohnanspruch abgetreten wurde. Denn dem Unterhaltsgläubiger ist auch der Zugriff auf den Vorrechtsbereich eröffnet.

  3. Pfändung nach rückdatierter Abtretung

    Wird dem Arbeitgeber nach einer wirksamen Pfändung eine Abtretungserklärung vorgelegt, die auf einen Zeitpunkt vor der Pfändung ausgestellt ist, in Wirklichkeit aber rückdatiert ist, so wird er gegenüber dem Pfändungsgläubiger auch dann nicht frei, wenn er in gutem Glauben an den Vorrang der Abtretung an den Abtretungsgläubiger leistet[1]

  4. Unwirksame Abtretung und nachfolgende Pfändung

    Ist eine Abtretung unwirksam (z.B. wegen sittenwidriger Übersicherung) oder gar nicht erfolgt und folgt anschließend eine Pfändung, hat der Arbeitgeber an sich an den Pfändungsgläubiger zu leisten. Leistet er jedoch in gutem Glauben an die Wirksamkeit der Abtretung an den Abtretungsgläubiger, so wird er nur frei, wenn ihm eine vom Arbeitnehmer unterzeichnete Abtretungserklärung vorliegt (§ 409 BGB)[2]

     
    Praxis-Tipp

    Die Überprüfung einer Abtretung auf ihre rechtliche Wirksamkeit überfordert in aller Regel den Arbeitgeber. Zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme sollte er daher bei Abtretungen erst leisten bei Vorliegen der vom Arbeitnehmer unterzeichneten Abtretungsurkunde.

  5. Pfändung und Abtretungsverbot

    Die Abtretung des (pfändbaren) Lohnes kann durch Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer ausgeschlossen werden (§ 399 BGB). Hiervon wird in § 354a HGB eine Ausnahme statuiert. Danach ist eine Abtretung trotz Abtretungsverbot wirksam, wenn sie sich auf eine Goldforderung aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft bezieht oder aber der Drittschuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen ist. Forderungsinhaber ist dann somit der Zessionar. Jedoch kann der Drittschuldner dann noch immer mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger (= Arbeitnehmer) leisten (§ 354a S. 2 HGB). Dieses Abtretungsverbot kann im Arbeitsvertrag oder kollektiv-rechtlich durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag vereinbart werden (die Zulässigkeit eines Abtretungsverbotes durch Betriebsvereinbarung ist streitig.[3] Die Betriebsvereinbarung kann die Wirksamkeit der Lohnabtretung auch von der Zustimmung der Personalvertretung des Arbeitgebers abhängig machen (sog. beschränktes Lohnabtretungsverbot)[4]; gegen die Zulässigkeit s. V. Zwehl.[5] Das Abtretungsverbot kann absolut erfolgen oder aber auch abgeschwächt in der Form, dass eine Abtretung zu ihrer Wirksamkeit jeweils der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Eine entgegen einem Abtretungsverbot vorgenommene Abtretung wäre unwirksam. Eine nachfolgende Pfändung wäre zu befriedigen.

    Hat ein Arbeitnehmer an einen Gläubiger seine derzeitigen wie auch künftigen Ansprüche aus dem Arbeitseinkommen abgetreten und wechselt nunmehr den Arbeitgeber, bei dem ein Abtretungsverbot besteht, geht das Abtretungsverbot vor.[6]

    Zu beachten ist, dass ein Abtretungsverbot die Lohnpfändung nicht hindert (§ 851 Abs. 2 ZPO). Des Weiteren, dass ein Abtretungsverbot einer Lohnabtretung im Rahmen eines Verbraucherinsolvenzverfahrens zum Zwecke der Restschuldbefreiung nicht entgegensteht. Insoweit ist das Abtretungsverbot relativ unwirksam. (vgl. Auswirkungen auf ein Abtretungsverbot)

     
    Praxis-Tipp

    Im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ein Abtretungsverbot vereinbaren.

    Dieses Abtretungsverbot könnte wie folgt formuliert werden:

    Die/der Arbeitnehmer darf ihre/seine Vergütungsansprüche weder verpfänden noch abtreten.

    Oder

    Die/der Angestellte darf ihre/seine Vergütungsansprüche an Dritte nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers verpfänden oder abtreten.

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