Von erheblicher praktischer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang arbeitnehmerähnliche Selbstständige, die bisher nicht in den Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes – mit Ausnahme angestellter Fremdgeschäftsführerinnen – entfielen.

Begriff der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen

Der Begriff der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen ist im Mutterschutzgesetz nicht näher definiert. Der Verweis in der Gesetzesbegründung auf § 5 ArbGG hilft nicht weiter, weil dieser Begriff auch dort vorausgesetzt wird und nicht gesondert definiert ist. Im Allgemeinen bietet § 12a TVG einen Anhaltspunkt dafür, was unter einer arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen zu verstehen ist.

Arbeitnehmerähnliche Selbstständige sind solche, die nicht persönlich abhängig und daher keine Arbeitnehmer sind, die jedoch aufgrund einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sind.[1] Arbeitnehmerähnliche Personen sind Selbstständige, keine Arbeitnehmer und auch keine "Scheinselbstständigen", die es als rechtliche Kategorie sowieso nicht gibt. Eher treffen Bezeichnungen wie "Freelancer" oder "Soloselbstständiger" zu. An die Stelle der für ein Arbeitsverhältnis maßgeblichen persönlichen Abhängigkeit tritt die wirtschaftliche Abhängigkeit. Wirtschaftliche Abhängigkeit ist regelmäßig gegeben, wenn der Betroffene auf die Verwertung seiner Arbeitskraft und die Einkünfte aus der Dienstleistung zur Sicherung seiner Existenzgrundlage angewiesen ist.[2] Insbesondere bei der Tätigkeit für nur einen Auftraggeber kann das der Fall sein. Erforderlich ist eine gewisse Dauerbeziehung. Der Beschäftigte muss außerdem seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein. Das ist gegeben, wenn das Maß der wirtschaftlichen Abhängigkeit so ausgeprägt ist, wie es im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt und die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind.[3] Der Begriff der Arbeitnehmerähnlichkeit ist in der praktischen Anwendung nicht immer klar und stark vom Einzelfall abhängig.

Die Abgrenzung zwischen arbeitnehmerähnlicher Person und einem "echten" Selbstständigen bestimmt sich nach den allgemeinen Merkmalen. Eine materiellrechtliche Regelung, die herangezogen werden kann, enthält § 12a TVG. In § 12a Abs. 1 Nr. 1. a) und b) TVG benennt die Vorschrift Zeit- und Verdienstrelationen, die zur Bestimmung der Eigenschaft eines arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen herangezogen werden können.[4]

Arbeitnehmerähnliche Personen sind bestimmt durch

  • einen Dienst- oder Werkvertrag als Grundlage der Tätigkeit,
  • das Erbringen der Dienstleistung für nur eine andere Person (oder von einem Auftraggeber wird mehr als die Hälfte des Entgelts bezogen)
  • und die Leistungserbringung erfolgt im Wesentlichen durch sie selbst und ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern.

Zunächst muss eine wirtschaftliche Abhängigkeit vorliegen. Dafür kann nicht auf die 1.000-EUR-Grenze des § 5 Abs. 3 ArbGG abgestellt werden, denn diese Vorschrift gilt nur im Bereich des Arbeitsgerichtsprozesses.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit wird nach § 12a TVG dadurch bestimmt, dass die Tätigkeit überwiegend für eine Person erbracht wird oder bei einer Person mehr als die Hälfte ihres Entgelts erzielt wird.

Nach § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG setzt der Status einer arbeitnehmerähnlichen Person aber weiter voraus, dass diese vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der sozialen Schutzbedürftigkeit erfordert eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls. Zu diesem gehören die Höhe der Vergütung aus dem Rechtsverhältnis, das den arbeitnehmerähnlichen Status begründen soll, und die Berücksichtigung anderweitiger Einkünfte. Letztere können dazu führen, dass die für einen Arbeitnehmer typische Notwendigkeit, seine Arbeitskraft zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz zu verwerten, nicht besteht mit der Folge, dass er dann nicht als arbeitnehmerähnlicher Beschäftigter anzusehen ist.

Die Beweislast dafür, dass die Frau eine arbeitnehmerähnliche Selbstständige ist, liegt bei ihr; sie hat ggf. dafür ihre Einkommensverhältnisse insgesamt offenzulegen.

 
Praxis-Beispiel

Keine arbeitnehmerähnliche Selbstständige

Eine Programmiererin ist beim Unternehmen X aufgrund eines Dienstvertrags als freie Mitarbeiterin tätig; sie erzielt dort monatlich ein Einkommen von 3.500 EUR. Daneben ist sie noch für 2 weitere Unternehmen sporadisch tätig und erzielt dort etwa 500 EUR pro Monat. Sie verfügt darüber hinaus über Mieteinnahmen in Höhe von 3.000 EUR pro Monat. Sie wird schwanger. Unterliegt sie dem Mutterschutzgesetz?

Lösung

Sie ist weder Arbeitnehmerin noch arbeitnehmerähnliche Selbstständige. Sie ist zwar von einem Auftraggeber abhängig, es fehlt aber die einem Arbeitnehmer vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit. Diese scheidet deswegen aus, weil sie nicht einem Arbeitnehmer vergleichbar ist. Sie ist nämlich nicht auf das Einkommen aus der Tät...

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