Werdende Mütter dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.

Für ein Beschäftigungsverbot sind der individuelle Gesundheitszustand und die konkrete Arbeitstätigkeit der schwangeren Arbeitnehmerin maßgebend. Es genügt, dass die Fortsetzung der Arbeit mit einer Gefährdung der Gesundheit von Mutter oder Kind verbunden ist. Unerheblich ist die genaue Ursache der Gefährdung. Die Arbeitstätigkeit der Schwangeren oder ihr räumlicher Arbeitsbereich müssen nicht gesundheitsgefährdend sein. Ein Beschäftigungsverbot ist vielmehr auch dann auszusprechen, wenn die Beschäftigung für andere Frauen unabhängig von einer Schwangerschaft keinerlei Gefährdung ergibt, aber im Einzelfall aufgrund der individuellen Verhältnisse der schwangeren Frau die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden würde. Unter dieser Voraussetzung können auch psychische Belastungen der Arbeitnehmerin ein Beschäftigungsverbot begründen.[1] Das individuelle Beschäftigungsverbot des § 3 Abs. 1 MuSchG greift aber erst ein, wenn der Arzt eine Gefährdung attestiert. Das ärztliche Zeugnis ist für das Beschäftigungsverbot konstitutiv.

Dabei braucht eine Arbeitsunfähigkeit nicht vorzuliegen. Für den Umfang des Beschäftigungsverbotes ist allein das ärztliche Zeugnis maßgebend.

Der Arbeitgeber, der ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG anzweifelt, kann vom ausstellenden Arzt Auskünfte über die Gründe für das Attest verlangen, soweit diese nicht der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Der Arzt hat dem Arbeitgeber mitzuteilen, von welchen tatsächlichen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerin er bei der Erteilung seines Zeugnisses ausgegangen ist und ob krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat.

Solche Angaben verletzen nicht das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin. Vom Arzt wird nämlich nicht die Mitteilung des medizinischen Befunds verlangt, sondern die Angabe der Verhaltensanordnungen, die er der Arbeitnehmerin auf der Grundlage seiner Untersuchungen erteilt hat. So muss der Arzt auf Nachfrage beispielsweise mitteilen, ob und inwieweit die Arbeitnehmerin Arbeiten sitzend oder stehend verrichten soll und ob sie körperlich belastende Arbeiten verrichten kann. Da der Arzt durch die § 21 MuSchG und § 24 MuSchG die Möglichkeit hat, die Beschäftigung auch dann zu verbieten, wenn krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliegt, ist der Beweiswert des Verbots erschüttert, wenn die entsprechende Nachfrage des Arbeitgebers unbeantwortet bleibt.[2]

Ist der Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses erschüttert, steht nicht mehr mit der gebotenen Zuverlässigkeit fest, dass die Arbeitnehmerin i. S. von § 11 MuSchG "wegen eines Beschäftigungsverbots" mit der Arbeit ausgesetzt hat. Es ist dann ihre Sache, die Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aufgrund derer ein Beschäftigungsverbot gleichwohl bestand.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, vom Arzt nähere Auskünfte darüber zu verlangen, welche näheren u. U. behebbaren Arbeitsumstände für das Verbot maßgebend sind. Für diese Auskünfte bedarf es keiner Entbindung von der Schweigepflicht durch die Arbeitnehmerin.[3] Bei berechtigten Zweifeln an der Richtigkeit der Bescheinigung kann der Arbeitgeber eine Nachuntersuchung verlangen. Grundsätzlich hat die Frau auch hierbei das Recht zur freien Arztwahl. Benennt der Arbeitgeber allerdings einen Betriebs- oder Amtsarzt für die Nachuntersuchung, muss die Frau für dessen Ablehnung triftige Gründe anführen.

Die Frau kann mit anderen zumutbaren Arbeiten beschäftigt werden, soweit nach dem Arztzeugnis die bisherige Beschäftigung verboten ist. Ob eine Arbeit zumutbar ist, beurteilt sich nicht danach, ob die Arbeitnehmerin nach dem im Arbeitsvertrag festgelegten Tätigkeitsbereich auf den neuen Arbeitsplatz auch ohne Einwilligung versetzt werden kann. Die Arbeitnehmerin muss jede Tätigkeit übernehmen, die ihr einerseits unter Berücksichtigung ihrer Treuepflicht (dazu gehört auch die Pflicht, die Zahlungsverpflichtungen des Arbeitgebers aus § 11 MuSchG möglichst gering zu halten) und andererseits der besonderen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für werdende Mütter zumutbar ist. Dies kann auch eine Tätigkeit in einer niedrigeren Vergütungsgruppe sein. Die berechtigten persönlichen Belange der Arbeitnehmerin sind zu berücksichtigen, und die Art der neuen Tätigkeit darf nicht derart unter dem bisherigen Niveau der beruflichen Tätigkeit liegen, dass sie als Kränkung oder Maßregelung erscheinen kann. Lehnt die Arbeitnehmerin eine zumutbare Arbeit ab, so kommt sie in Leistungsverzug und hat keinerlei Lohnanspruch mehr, auch nicht nach § 11 MuSchG. Auf die Beachtung des Beschäftigungsverbots kann die Arbeitnehmerin nicht verzichten. Die Kosten des ärztlichen Zeugnisses hat die Arbeitnehmerin zu tragen, soweit sie nicht von der Krankenkasse übernommen werden (§ 196 RVO).

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