§ 16 MuSchG regelt ärztliche Beschäftigungsverbote während der Schwangerschaft und nach der Entbindung. Nach § 16 Abs. 1 MuSchG darf der Arbeitgeber eine Frau während der Schwangerschaft nicht beschäftigen, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes durch die Beschäftigung gefährdet ist.

Nach § 16 Abs. 2 MuSchG darf der Arbeitgeber eine Frau, die nach einem ärztlichen Zeugnis in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht voll leistungsfähig ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen. § 16 Abs. 2 MuSchG gilt für alle Frauen, die ein Kind geboren haben, also auch für Frauen, die nicht stillen, und somit nicht durch § 12 MuSchG ("Unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen für stillende Frauen") geschützt werden. Die Vorschrift nimmt keine nähere Bestimmung des Begriffs "in den ersten Monaten nach der Entbindung" vor. Die Frau darf in aller Regel bereits aufgrund der nachgeburtlichen Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG für mindestens 8 bzw. 12 Wochen nicht beschäftigt werden[1] , das ärztliche Beschäftigungsverbot kommt daher in der Regel erst nach Ablauf der nachgeburtlichen Schutzfrist zum Tragen. Angelehnt an das Kündigungsverbot nach § 17 Abs. 1 MuSchG ist von einem Zeitraum von bis zu 4 Monaten nach der Entbindung auszugehen.

Die ärztlichen Beschäftigungsverbote nach § 16 Abs. 1 und 2 MuSchG sind zwingend zu beachten. Eine Beschäftigung ist damit auch dann nicht zulässig, wenn sich die Frau ausdrücklich dazu bereit erklärt. Sollte der Arbeitgeber die Frau zur Erbringung von Tätigkeiten auffordern, die unter das ärztliche Beschäftigungsverbot fallen, ist die Frau berechtigt, die Leistung zu verweigern. Die Missachtung des ärztlichen Beschäftigungsverbotes stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG).

Für den Umfang der beiden Beschäftigungsverbote nach § 16 MuSchG ist allein das ärztliche Zeugnis maßgebend. Das Zeugnis einer Hebamme reicht nicht aus. Das Beschäftigungsverbot hat konstitutive Wirkung und wird mit dem Attest wirksam[2] . Bis zur endgültigen Aufklärung des Sachverhalts ist der Arbeitgeber auch an ein vorläufiges ärztliches Beschäftigungsverbot gebunden[3] .

Für ein Beschäftigungsverbot sind der individuelle Gesundheitszustand und die konkrete Arbeitstätigkeit der Frau maßgebend. Es genügt, dass die Fortsetzung der Arbeit mit einer Gefährdung der Gesundheit von Mutter oder Kind verbunden ist. Unerheblich ist die genaue Ursache der Gefährdung. Die Arbeitstätigkeit der Frau oder ihr räumlicher Arbeitsbereich müssen nicht gesundheitsgefährdend sein. Ein Beschäftigungsverbot ist vielmehr auch dann auszusprechen, wenn die Beschäftigung für andere schwangere oder stillende Frauen keinerlei Gefährdung darstellt, aber im Einzelfall aufgrund der individuellen Verhältnisse der Frau die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährden würde. Unter dieser Voraussetzung können auch psychische Belastungen der Frau ein Beschäftigungsverbot begründen.[4]

Der Wortlaut von § 16 Abs. 1 MuSchG stellt durch die Einschränkung „soweit“ klar, dass das ärztliche Beschäftigungsverbot nicht zwingend alle Tätigkeiten der Frau umfassen muss, es kann sich auch lediglich auf einzelne Tätigkeiten der Frau erstrecken. In der Praxis häufig anzutreffen ist eine ärztlich angeordnete Reduzierung der Arbeitszeit. Es liegt im Ermessen des behandelnden Arztes zu entscheiden, für welche Dauer und in welchem Umfang er ein Beschäftigungsverbot erteilt, um Gefährdungen durch eine unveränderte Weiterbeschäftigung der Frau auszuschließen[5] .

Sofern das ärztliche Beschäftigungsverbot konkrete Tätigkeiten nennt, die der Frau aufgrund der Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes bzw. ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht zugewiesen werden dürfen, ist der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechtes unter den Bedingungen von § 106 GewO, § 315 BGB berechtigt, die Frau mit anderen Tätigkeiten zu beschäftigen. Der Arbeitgeber hat die berechtigten persönlichen Belange der Frau zu berücksichtigen. Die Zuweisung einer Ersatztätigkeit ist in einer neuen konkretisierten Gefährdungsbeurteilung schriftlich zu dokumentieren. Durch die Zuweisung einer Ersatztätigkeit erlischt die Gültigkeit des ärztlichen Zeugnisses in Bezug auf die ersetzte Tätigkeit[6] . Verweigert die Frau die Ausübung einer ihr zumutbaren Ersatztätigkeit, verliert sie ihren Entgeltanspruch bzw. ihren Anspruch auf Mutterschutzlohn gem. § 18 MuSchG.

Hegt der Arbeitgeber Zweifel gegen das Beschäftigungsverbot, kann er vom ausstellenden Arzt weitergehende Auskünfte verlangen, soweit diese nicht der Schweigepflicht unterliegen. Der Arzt hat dem Arbeitgeber sodann mitzuteilen, von welchen tatsächlichen Arbeitsbedingungen der Frau er bei Erteilung seines Zeugnisses ausgegangen ist und ob krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat[7] . Solche Angaben verletzen nicht das Persönlichkeitsrecht der Frau. Vom Arzt wird nämlich nicht die Mitteilung des me...

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