Urlaubs-/Feiertagsvergütung

Der gesetzliche Mindestlohn gilt nur für tatsächlich geleistete Arbeit[1], nicht aber für Entgeltfortzahlung und die Berechnung von Urlaubsentgelt.[2] Das heißt aber nicht, dass in Zeiten ohne Arbeitsleistung weniger als der Mindestlohn gezahlt werden darf. Nur die Rechtsgrundlage ist eine andere. Das ergibt sich bei Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes schon aus dem jeweils anzuwendenden Referenzprinzip. Für den Fall der Entgeltfortzahlung wegen Erkrankung besteht der Anspruch auf Mindestlohn allerdings nur für die ersten 6 Wochen, auch wenn für Zeiten einer über 6 Wochen hinausgehenden Erkrankung nach § 22 Abs. 2 TVöD Anspruch auf Krankengeldzuschuss zusteht. Bei dem Krankengeldzuschuss handelt es sich um eine Entgeltersatzleistung, die ausschließlich auf tarifvertraglicher Grundlage beruht und nicht dem Entgeltausfallprinzip folgt. Falls keine Tarifbindung vorliegt, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 EFZG bzw. aus § 11 BUrlG, dass auch im Falle von Krankheit und Urlaub der Mindestlohn zu zahlen ist.[3] Der Mindestlohn nach den Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes steht auch zu, wenn die Arbeit aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfällt. Auch für Ansprüche des Arbeitnehmers auf Annahmeverzugslohn (§ 615 BGB), weil der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht angenommen hat, gilt im Ergebnis der gesetzliche Mindestlohn, aber eben nicht aus dem Mindestlohngesetz heraus, sondern weil der Arbeitnehmer regelmäßig Anspruch auf Zahlung des ausgefallenen Entgelts hat. Von Bedeutung ist die Unterscheidung aber dennoch, wenn der Arbeitgeber derartige Vergütungsansprüche trotz nicht geleisteter Arbeit nicht erfüllt:

 

Praxis-Beispiele

Beispiel 1

Der Arbeitnehmer legt, nachdem er eine Arbeitsanweisung erhalten hat, die ihm nicht passt, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Der Arbeitgeber verweigert die Entgeltfortzahlung.

Hier kann der Arbeitnehmer nicht geltend machen, der Arbeitgeber habe gegen das MiLoG verstoßen, und "zur Förderung der Zahlungsbereitschaft" eine Anzeige beim Zoll erstatten, da der Anspruch nicht auf das MiLoG gestützt werden kann.

Allerdings unterliegen derartige Ansprüche auf Arbeitsentgelt ohne Arbeitsleistung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns auch keinen (tarif)vertraglichen Ausschlussfristen.[4]

Beispiel 2

Beschäftigte A ist als Montagekraft beschäftigt. Nach dem anzuwendenden Tarifvertrag (MTV) war ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein "Urlaubsentgelt" in Höhe des 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes zu bezahlen. Für Januar 2021 zahlte die Arbeitgeberin neben dem vertraglichen Stundenverdienst von 9,00 EUR bzw. 9,15 EUR eine "Zulage nach dem MiLoG". Die Feiertagsvergütung, die Vergütung für einen Urlaubstag und den Nachtarbeitszuschlag für 5 Stunden errechnete sie nicht aus dem gesetzlichen Mindestlohn, sondern aus der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Zudem rechnete sie ein ausbezahltes "Urlaubsgeld" auf die Mindestlohnansprüche der Klägerin an.

Nach Auffassung des BAG[5] erfolgte dies zu Unrecht. Zwar gewähre das MiLoG nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG habe der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertags ausfalle, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, dass dieser ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gelte auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts aus dem MiLoG ergebe. Denn dieses enthalte hiervon keine abweichenden Bestimmungen. Damit könne der Arbeitgeber nicht auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung abstellen. Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag und das tarifliche Urlaubsentgelt müssten nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden, da dieser Teil des "tatsächlichen Stundenverdienstes" im Sinne des MTV sei. Eine Anrechnung des gezahlten "Urlaubsgeldes" auf Ansprüche nach dem MiLoG könne nicht erfolgen, da der MTV hierauf einen eigenständigen Anspruch gebe und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handle.

Problematisch in dem Zusammenhang ist, inwieweit der Mindestlohn auch für besondere Formen der Arbeitsleistung zu gewähren ist.

Für Bereitschaftszeit (wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung – der Rettungssanitäter in der Rettungswache, der sich für Einsätze bereithält) ist der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen; denn Arbeitsbereitschaft ist der vollen Arbeitsleistung gleichgestellt. Die Wertungen des Arbeitszeitgesetzes, wonach Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit i. S. d. Arbeitszeitgesetzes gilt, können hier übertragen werden.[6]

Bei Bereitschaftsdienst ist im Bereich der Pflege (PflegeArbbVO) zunächst die dortige Regelung zu beachten (siehe unter Punkt 2.4.3). Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts[7], in der das Gericht entschieden hat, dass immer dann Bereitschaftsdienst mit dem Mindestlohn (hier in der Pflege) zu vergüten ist, wenn keine and...

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