Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. Beschäftigungslosigkeit. stufenweise unentgeltliche Wiedereingliederung gem § 28 SGB 9. kein Beschäftigungsverhältnis. keine Beschränkung auf Nahtlosigkeitsregelungen

 

Leitsatz (amtlich)

Während des Bezugs von Arbeitslosengeld ist die Aufnahme einer nicht vom Arbeitgeber entlohnten stufenweisen Wiedereingliederung auch mit mehr als 15 Stunden wöchentlich nicht als die Arbeitslosigkeit ausschließendes Beschäftigungsverhältnis einzuordnen, unabhängig davon, ob das Arbeitslosengeld nach den allgemeinen Vorschriften oder auf Grund der "Nahtlosigkeitsregelung" gewährt wird.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 07.08.2012; Aktenzeichen B 11 AL 41/12 B)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 02. November 2011 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte erstattet dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil, mit dem ein Bescheid über die Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) aufgehoben worden ist.

Der Kläger ist bei den Verkehrsbetrieben K. (VBK) als Busfahrer beschäftigt. Er war seit dem 06.11.2009 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Sein Anspruch auf Krankengeld gegen die zuständige Krankenkasse, die AOK Baden-Württemberg, war mit dem 28.05.2010 erschöpft. Bereits am 27.05.2010 hatte er sich mit Wirkung zum 29.05.2010 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Die Beklagte hatte ihm daraufhin mit Bescheid vom 11.06.2010 Alg für 360 Tage ab dem 29.05.2010 mit einem täglichen Leistungssatz von € 34,48 bewilligt. Mit Bescheid vom 21.06.2010 war der tägliche Leistungssatz auf € 38,50 angehoben worden.

Vom 04.10. bis 08.11.2010 absolvierte der Kläger zu Lasten der AOK eine stufenweise Wiedereingliederung bei seinem Arbeitgeber. Entsprechend dem Wiedereingliederungsplan von Dr. A. vom 08.09.2010 arbeitete der Kläger nach einer im Klageverfahren eingeholten Auskunft der VBK vom 26.09.2011 vom 04. bis 10.10.2010 zwei, vom 11. bis 24.10.2010 vier, vom 25.10. bis 07.11.2010 sechs und ab dem 08.11.2010 acht Stunden arbeitstäglich. Während der stufenweisen Wiedereingliederung erhielt der Kläger von den VBK keinen Lohn. Auch die AOK gewährte keine Lohnersatzleistungen.

Mit Bescheid vom 11.10.2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab diesem Tage auf. Als Grund gab sie "Aufnahme einer Beschäftigung" an.

Im Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21.03.2007 (B 11a AL 31/06 R) sei die unentgeltliche Tätigkeit eines Arbeitnehmers für seinen Arbeitgeber im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung, auch soweit sie mehr als 15 Stunden wöchentlich umfasse, kein die Arbeitslosigkeit ausschließendes leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis.

Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 20.10.2010. Sie führte aus, der Kläger sei ab dem 11.10.2010 nicht mehr arbeitslos, da er eine mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausübe. Dies sei eine wesentliche Änderung der Sachlage, die er erkannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe, sodass die Bewilligung von Alg ab dem 11.10.2010 aufzuheben gewesen sei. Das Urteil des BSG vom 21.03.2007 beziehe sich auf die Fälle, in denen Alg im Rahmen der so genannten Nahtlosigkeitsregelung gewährt werde. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall gewesen, denn er sei nach den Feststellungen des ärztlichen Dienstes vollschichtig erwerbsfähig.

Der Kläger hat am 25.10.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben (S 5 AL 4754/10) und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (S 5 AL 4411/10 ER). Er hat vorgetragen, das Urteil des BSG vom 21.03.2007 habe sich nur in anderen Teilen, nicht aber bei der Frage, ob eine unentgeltliche stufenweise Wiedereingliederung ein die Arbeitslosigkeit ausschließendes Beschäftigungsverhältnis sei, auf Fälle der Nahtlosigkeitsregelung bezogen. Außerdem hat der Kläger gerügt, der Bescheid vom 11.10.2010 sei zu unbestimmt, da er nicht erkennen lasse, welcher Bewilligungsbescheid aufgehoben werden solle.

Mit Beschluss vom 18.11.2010 hat das SG in dem Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage vom 25.10.2010 gegen den Bescheid vom 11.10.2010 angeordnet. Dieser Beschluss ist rechtskräftig geworden.

In dem Hauptsacheverfahren ist die Beklagte der Klage entgegengetreten. Sie hat ausgeführt, sie halte daran fest, dass eine stufenweise Wiedereingliederung mit einer Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich nur dann kein Beschäftigungsverhältnis sei, wenn die zu Grunde liegende Bewilligung von Alg auf der Nahtlosigkeitsregelung beruhe.

Mit Beschluss vom 21.03.2011 hat das SG die Deutsche Rentenversicherung Bund zum Verfahren beigeladen.

Nachdem der Kläger ab dem 09.11.2010 wieder in Vollzeit beschäftigt war und Arbeitslohn von den VBK bezogen hatte, hat er mit Schriftsatz vom 18.10.2011 seine Klage auf eine Aufhebung des Aufhebu...

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