Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. freiwillige Versicherung. Steuerberater. ehrenamtliches Amt. Vorstandsvorsitzender eines Berufsverbandes. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. Steuerberatertätigkeit. Verbandsinteresse

 

Leitsatz (amtlich)

Die ehrenamtliche Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender eines Berufsverbandes ist in der Regel nicht Bestandteil der ausgeübten selbständigen Tätigkeit, für die eine freiwillige Unternehmerversicherung besteht, und ist somit nicht mitversichert.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.03.2008; Aktenzeichen B 2 U 2/07 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. August 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 22.03.2002 als Arbeitsunfall streitig.

Der Kläger betreibt mit Partnern die Kanzlei der vereidigten Buchprüfer und Steuerberater R., N. & F. in R.. Für diese selbständige Tätigkeit besteht bei der Beklagten eine freiwillige Versicherung. Daneben ist der Kläger gewählter Vorstandsvorsitzender des B. der vereidigten B. (B.) e. V. Als solcher ist er ehrenamtlich tätig; er erhält für diese Tätigkeit keine Vergütung, sondern lediglich Auslagenerstattung (vgl. Satzung des B. - Stand 06.12.2001).

Am 22.03.2002 nahm der Kläger in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender des B. e. V. an einer Besprechung mit den Vertretern der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) sowie dem Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) in D. teil. Auf dem Rückweg von D. stürzte er gegen 17:30 Uhr auf dem Flughafengelände in S. auf dem Weg zum Parkhaus auf der Treppe und zog sich eine Ruptur der Subscapularissehne der linken Schulter zu (Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 03.05.2002).

Der Kläger zeigte den Unfall der Beklagten mit Schreiben vom 16.04.2002 an. Er teilte im Unfallfragebogen mit, am Unfalltag noch bis 22:30 Uhr sowie anschließend bis zum 10.04.2002 weiter gearbeitet zu haben. Mit Bescheid vom 14.08.2002 lehnte die Beklagte die Entschädigung des Unfalls vom 22.03.2002 als Arbeitsunfall ab, da der Kläger bei der zum Unfall führenden Tätigkeit nicht unter Versicherungsschutz gestanden habe. Der Widerspruch, mit dem der Kläger vortrug, Anlass für den Unfall sei die notwendige Eile im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gewesen, weil noch am Unfalltag um 19:30 Uhr eine telefonische Besprechung mit Auftraggebern vereinbart gewesen sei, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 20.03.2003).

Am 24.03.2003 hat der Kläger zum Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und erneut auf seine betrieblich bedingte Eile hingewiesen. In der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2004 hat das SG den Kläger persönlich gehört. Hierbei hat er angegeben, Inhalt der Besprechung in D. sei ausschließlich die Zusammenlegung der Berufe des vereidigten Buchprüfers und des Wirtschaftsprüfers gewesen. Auf Grund der mehrfach geführten Gespräche sei ein Gesetzentwurf an das Bundesministerium geleitet worden, der jedoch vom Bundesrat in seiner Sitzung vom 17.10.2003 abgelehnt worden sei. In Zukunft könnten vereidigte Buchprüfer keine Pflichtprüfung nach dem HGB mehr vornehmen, weshalb er davon ausgehe, in Zukunft Prüfungsmandate zu verlieren.

Mit Urteil vom 18.08.2004 hat das SG die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 22.03.2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Kläger habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem versicherten Weg befunden, weil seine Teilnahme an der Besprechung in D. auch wesentlich seinem Unternehmen (als vereidigter Buchprüfer und Steuerberater) gedient habe. Denn Zweck der Zusammenkunft sei die Sicherung der Existenz aller Unternehmen der vereinigten Buchprüfer - und damit mittelbar auch seines eigenen - gewesen.

Gegen das am 17.09.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.10.2004 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie hat einen Referentenentwurf zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen vorgelegt, nach dem § 2 Abs. 1 Nr. 10 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch unter Buchstabe c) dergestalt ergänzt werden soll, dass Personen, die in “Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbstständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstiger Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen„ in den Versicherungsschutz einbezogen werden. Damit werde deutlich, dass auch der Gesetzgeber nicht von einem Unfallversicherungsschutz für diesen Personenkreis, zu dem auch der Kläger im Zeitpunkt des Unfalles gehört habe, ausgegangen sei. Die Rückreise aus D. sei unversichert gewesen. Ob hierbei betriebsbedingte Eile anzunehmen gewesen sei, spiele keine Rolle. Bei der Tätigkeit al...

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