Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) ist es typisch, dass Gesellschafter zugleich als Geschäftsführer tätig sind. Die versicherungsrechtliche Beurteilung richtet sich danach, ob es sich bei der Beschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt.[1]

3.1.1 Gesellschafter-Geschäftsführer mit mehr als 50 % des Stammkapitals: kein Beschäftigter

Sofern ein Gesellschafter-Geschäftsführer über mehr als 50 % des Stammkapitals verfügt, hat er – bei Beschlussfassung in der GmbH mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und wenn sich das Stimmrecht des einzelnen Gesellschafters nach der Höhe seiner Kapitaleinlage richtet – aufgrund seiner Rechtsmacht maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. In diesen Fällen liegt kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor.[1] Dies ist auch dann der Fall, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die ihm zustehende Rechtsmacht tatsächlich nicht wahrnimmt.[2]

Mindestens 50 % Stammkapital und Errichtung eines Beirats: kein Beschäftigter

Ein mit 50 % am Kapital beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer wird unter den oben genannten Voraussetzungen auch bei Errichtung eines Beirats nicht in einem "fremden" Unternehmen, sondern in seinem eigenen tätig.[3] Der Beirat ist keine außerhalb der GmbH stehende und diese beherrschende Rechtsperson, sondern ein für die Gesellschafter tätiges Organ. Gegen eine Beschäftigteneigenschaft der Gesellschafter-Geschäftsführer spricht auch der Umfang des Unternehmerrisikos, das sie als Geschäftsführer zwar nicht aufgrund ihres Anstellungsvertrags, wohl aber infolge der engen Verbindung zwischen Beteiligung und Geschäftsführerposition tragen.

3.1.2 Gesellschafter-Geschäftsführer mit Sperrminorität

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der bis zu 50 % an Anteilen am Stammkapital hält, ist nur ausnahmsweise als Selbstständiger anzusehen, wenn ihm eine umfassende die gesamte Unternehmensqualität erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. So steht er nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH, wenn er aufgrund seiner Kapitalbeteiligung und besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag alle Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern kann (umfassende Sperrminorität). Auch er hat aufgrund seiner Rechtsmacht maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft. Insofern ist dieser Gesellschafter-Geschäftsführer nicht sozialversicherungspflichtig. Stimmbindungsabreden, die außerhalb des Gesellschaftsvertrags nur schuldrechtlich eingeräumt und damit zumindest außerordentlich kündbar sind, sind unabhängig von ihrer gesellschaftsrechtlichen Zulassung nicht zu berücksichtigen. Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist ebenso nicht maßgebend.[1]

 
Praxis-Beispiel

Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen der Sperrminorität

Nach dem Gesellschaftsvertrag richtet sich das Stimmrecht nach der Höhe der Kapitaleinlage und alle Beschlüsse werden mit qualifizierter Mehrheit von 75 % aller Stimmen gefasst. Die GmbH hat die Gesellschafter-Geschäftsführer A, B und C. Das Stammkapital und damit das Stimmrecht verteilen sich wie folgt:

  • A 50 %
  • B 30 %
  • C 20 %

A und B stehen nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH, weil sie aufgrund ihrer umfassenden Sperrminorität maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft haben. Sie sind deshalb nicht sozialversicherungspflichtig.[2] C hat dagegen keine Sperrminorität und kann daher aufgrund seiner Stimmrechte keinen maßgeblichen Einfluss ausüben, sodass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH nicht ausgeschlossen ist.

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer nur eingeschränkten Sperrminorität, die nicht auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft Anwendung findet, sondern z. B. lediglich auf die Festlegung der Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftsvertrags sowie die Auflösung der Gesellschaft beschränkt ist, hat keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH. So ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht ausgeschlossen.[3]

3.1.3 Grundsatz: Keine Versicherungspflicht von Treuhänder-Gesellschafter-Geschäftsführern

Sofern GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund eines Treuhandvertrags mehrheitlich am Stammkapital einer GmbH beteiligt sind, stehen sie grundsätzlich nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH. Voraussetzung ist, dass sich die Verpflichtungen und Abhängigkeiten des Treuhänders vom Treugeber allein aus dem Treuhandvertrag und nicht aus dem Gesellschaftsvertrag und dem Anstellungsvertrag ergeben. Anders verhält es sich nur in folgendem Fall: Wenn der Treugeber

  • sich nicht mit einem schuldrechtlichen Weisungsrecht und der Möglichkeit, durch...

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