Entscheidungsstichwort (Thema)

Weihnachtsgeld. Sonderzahlung. 13. anteiliges Monatseinkommen im Baugewerbe. Gleichbehandlung. betriebliche Übung. Beseitigung durch Nichtzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Leistet ein Arbeitgeber über mehrere Jahre ohne ausdrückliche Absprache an einen – nicht tarifgebundenen – Arbeitnehmer eine Sonderzahlung wie z. B. ein 13. Monatseinkommen entsprechend dem Tarifvertrag, so entsteht hierdurch keine betriebliche Übung. Das Verhalten des Arbeitgebers muss so verstanden werden, dass er schlichtweg den Tarifvertrag vollziehen und alle Arbeitnehmer gleichbehandeln will.

Stellt der Arbeitgeber die Zahlung entsprechend dem Tarifvertrag später ein, so hat der nicht tarifgebundene Arbeitnehmer nicht Anspruch auf Weiterzahlung der tariflichen Leistungen, wenn die Leistung an alle Arbeitnehmer nicht mehr gezahlt wird. Denn insoweit erfolgt Gleichbehandlung.

 

Normenkette

TVG § 4; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 04.06.2003; Aktenzeichen 4 Ca 435/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 04.06.2003 – 4 Ca 435/03 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob dem Kläger ein anteiliges 13. Monatsgehalt zu zahlen ist.

Der Kläger ist am …1969 geboren. Bei der Beklagten ist er mit Wirkung vom 01.08.1986 als Rohrleitungsbauer eingestellt worden. Der Kläger ist nicht Mitglied einer tarifvertragsschließenden Gewerkschaft. Die Beklagte hatte in den Jahren ab 1995 an den Kläger folgende Sonderzahlungen geleistet:

Zahlung

Bestimmung

November 1995

2.512,27 DM

Weihnachtsgeld

November 1996

2.860,00 DM

Weihnachtsgeld

November 1997

1.516,20 DM

13. Monatsgehalt anteilig

November 1998

106,40 DM

Weihnachtsgeld

November 1998

1.729,00 DM

13. Monatsgehalt anteilig

April 1999

Abzug 106,40 DM

Weihnachtsgeld

April 1999

1.729,00 DM

13. Monatsgehalt anteilig

November 1999

Abzug 166,68 DM

Weihnachtsgeld

November 1999

1.291,77 DM

13. Monatsgehalt anteilig

April 2000

Abzug 166,68 DM

Weihnachtsgeld

April 2000

1.291,77 DM

13. Monatsgehalt anteilig

Unstreitig war die Höhe der Zahlungen nach dem Tarifvertrag über das anteilige 13. Monatsgehalt im Baugewerbe berechnet worden. Die Beklagte, die ihrerseits tarifgebunden ist, hat nach der Zahlung von April 2000 weitere Leistungen auf ein 13. Monatseinkommen oder Weihnachtsgeld an keinen Arbeitnehmer erbracht.

Der Kläger hat mit der am 07.02.2003 erhobenen Klage Zahlung von 684,48 EUR brutto als Rückstand für das 13. Monatsgehalt von November 2002 verlangt. Am 27.05.2003 hat er die Klage um weitere 684,48 EUR brutto für den zweiten Fälligkeitstermin erweitert. Mit dem Urteil vom 04.06.2003, auf das hinsichtlich der Einzelheiten und des weiteren Inhalts des erstinstanzlichen Vortrags verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt sie vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Lübeck gehe es vorliegend nicht um die Beseitigung einer betrieblichen Übung durch mehrmalige Nichtzahlung. Vielmehr sei der Anspruch durch eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien wieder beseitigt worden. Im November 2000 habe die Beklagte dem Kläger angeboten, die zwischen den Parteien bestehende Beziehung hinsichtlich der Gewährung eines 13. Monatseinkommens dahingehend zu ändern, ab diesem Zeitpunkt kein solches mehr zu zahlen. Dieses Angebot habe der Kläger dadurch stillschweigend angenommen, dass er in der Folgezeit widerspruchslos weiter gearbeitet habe. Angesichts dieser Tatsache habe sie, die Beklagte, davon ausgehen dürfen, dass der Kläger mit der Nichtzahlung des 13. Monatseinkommens einverstanden gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

  1. das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 04.06.2003, Az: 4 Ca 435/03, abzuändern und die Klage abzuweisen,
  2. die Kosten des Rechtsstreits dem Berufungsbeklagten aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, zwar hätten die Geschäftsführer der Beklagten auf einer oder mehreren Betriebsversammlungen mitgeteilt, dass ein 13. Monatsgehalt nicht gezahlt werde. Sie hätten aber auch zugesagt, dass nicht nur eine Wiederaufnahme der Zahlungen erfolgen würde, sobald es dem Unternehmen besser ginge, sondern darüber hinaus sogar die Möglichkeit einer Nachzahlung in den Raum gestellt. Der Anspruch ergebe sich aus betrieblicher Übung. Die Nichtzahlung stelle nicht ein Angebot dar, diese bestehende betriebliche Übung abzuändern, so dass er diese auch nicht habe annehmen können.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines an...

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