REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE / ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitverkürzung. Urlaubsvergütung. Lohnfortzahlung. 38,5-Stunden-Woche

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (IRWAZ) von 38,5 Stunden durch unbezahlte freie Tage im Jahresdurchschnitt verwirklicht, kann dies dazu führen, daß Urlaubsvergütung und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mit 8,0 Stunden pro Tag zu berechnen ist.

2. Unbezahlte freie Tage während des Referenzzeitraumes vermindern den Durchschnittsverdienst in diesem Zeitraum.

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Urteil vom 17.12.1985; Aktenzeichen 3b Ca 2025/85)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.07.1988; Aktenzeichen 8 AZR 473/86)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 17. Dezember 1985 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der am 30. September 1985 zugestellten Klage die Zahlung eines Restbetrages des Urlaubsentgelts, des zusätzlichen Urlaubsgeldes sowie der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, da diese Positionen von der Beklagten fehlerhaft berechnet worden seien.

Der Kläger steht bei der Beklagten in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis als gewerblicher Arbeitnehmer. Zwischen den Parteien finden die Manteltarifverträge für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte in der Metallindustrie Schleswig-Holsteins Anwendung.

Aufgrund von § 2 Abschnitt A Abs. 1 des Manteltarifvertrages Teil 2 für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie Schleswig-Holsteins vom 11. Juli 1984 schlossen die Beklagte und der in ihrem Betrieb gebildete Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:

„1. Individuelle regelmäßige Arbeitszeit

Die individuelle regelmäßige Arbeitszeit aller vollzeitbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beträgt 38,5 Stunden wöchentlich.

2. Betriebsmittelnutzungszeit

Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz zwischen Betriebsmittelnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen. (…) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt von Mo.-Fr. 8 Stunden.

3. Freie Tage

Die Inanspruchnahme von Freischichten erfolgt individuell. (…)

Jeder Mitarbeiter, der in der Zeit vom 1.4. bis 31.12.85 im Unternehmen beschäftigt ist, erhält 7 freie Tage. Für alle nach dem 1.4.85 Eingestellten und vor dem 31.12.85 Ausscheidenden erfolgt die Berechnung entsprechend anteilig.

(…)

6. Bezahlung

Die Bezahlung der Arbeitstage bei gewerblichen Mitarbeitern erfolgt auf einer Basis von 40 Stunden bei Vollzeitbeschäftigten. Für die freien Tage erfolgt keine Bezahlung.

(…)”

Dem Kläger standen im Jahre 1985 36 Urlaubstage zu, von denen er nach dem 1. April 1985 20 Tage in Anspruch nahm. Zusätzlich erhielt der Kläger einen Tag bezahlten Sonderurlaub. Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts legte die Beklagte einen durchschnittlichen Stundenlohn von 17,69 DM brutto zugrunde. Die Beklagte multiplizierte diesen Betrag mit der Zahl der in Anspruch genommenen Urlaubstage (insgesamt 21) sowie einem Zeitfaktor von 7,7 Stunden. Ebenso verfuhr die Beklagte bei der Berechnung des zusätzlichen Urlaubsgeldes, das für das gesamte Kalenderjahr im Juni 1985 entsprechend der dem Kläger insgesamt zustehenden Urlaubstage ausbezahlt wurde.

Bei der Berechnung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, die die Beklagte dem Kläger für zwei Krankheitstage im September 1985 gewährte, ging die Beklagte ebenfalls von einem durchschnittlichen Stundenlohn von DM 17,69 brutto aus. Auch diesen multiplizierte sie pro Krankheitstag mit einem Zeitfaktor von 7,7 Stunden.

Gegenüber einer Berechnung der streitigen Positionen mit einem Zeitfaktor von 8,0 Stunden ergibt sich für den Kläger ein Differenzbetrag von 217,59 DM brutto. Auf diesen Gesamtbetrag zahlte die Beklagte bereits 47,76 DM. Die Differenz von 169,83 DM brutto macht der Kläger mit seiner Klage geltend.

Der Kläger war erstinstanzlich der Auffassung:

Die Beklagte habe bei der Berechnung von Urlaubsgeld, Urlaubsentgelt und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu Unrecht die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde gelegt. Bei der Berechnung sei vielmehr von der in den letzten 13 Wochen vor dem Urlaub bzw. der Krankheit tatsächlichen durchschnittlichen arbeitstäglichen Arbeitszeit von 8,0 Stunden auszugehen.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 169,83 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 30. Sept. 1985 zu zahlen.

Die Beklagte hat in der ersten Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte war erstinstanzlich der Auffassung:

Bei der Bezahlung von Urlaubstagen, Feiertagen oder Krankheitstagen sei von einer Stundenzahl von 7,7 auszugehen, da diese die durchschnittliche Arbeitszeit darstelle. Jede andere Handhabung hätte ...

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