Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildungsurlaub. Freistellung. Verblockung. Versagung. Schadensersatz. Arbeitnehmerweiterbildung. Verblockung und Übertragung des Bildungsurlaubs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 7 Abs. 1 BFQG ist der Anspruch auf Teilnahme an einer anerkannten Weiterbildungsmaßnahme grundsätzlich an das Kalenderjahr gebunden. Eine Übertragung des Freistellungsanspruchs auf das Folgejahr findet nur bei der Verblockung mit dem Anspruch des Folgejahres unter den besonderen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BFQG oder bei einer Versagung des Arbeitgebers gemäß § 8 Abs. 3 i. V. m. § 8 Abs. 2 BFQG statt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, geht der Freistellungsanspruch unter.

2. Nach § 8 Abs. 1 BFQG hat der Arbeitnehmer das freie Wahlrecht, an welcher konkreten behördlich genehmigten Weiterbildungsmaßnahme er zu welcher Zeit teilnehmen möchte. Demgegenüber kann der Arbeitgeber die Freistellung zu dem beantragten Zeitraum versagen, wenn betriebliche bzw. dienstliche Belange Gründe oder Urlaubswünsche anderer Beschäftigter, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen, § 8 Abs. 2 BFQG. Im Gegensatz zu § 7 Abs. 1 BurlG müssen die entgegenstehenden betrieblichen Belange nicht „dringend” sein.

3. Sofern der Arbeitgeber die Freistellung eines verblockten zweiwöchigen Bildungsurlaub während eines bestimmten Zeitraums nach § 8 Abs. 2 BFQG versagt, der Arbeitnehmer sodann nur den einwöchigen Bildungsurlaub des laufenden Jahres realisiert, geht der „verblockte” anteilige Bildungsurlaub aus dem Vorjahr mit dem Ablauf des laufenden Jahres unter. Eine Übertragung auf das Folgejahr kommt in diesem Falle nicht in Betracht. Nach § 8 Abs. 3 BFQG wird im Falle der Versagung nur der Bildungsurlaub des laufenden Jahres auf das Folgejahr übertragen, nicht aber der verblockte und nicht genommene Bildungsurlaub aus dem Vorjahr.

 

Normenkette

BFQG Schl.-H. § 7 Abs. 3, § 8 Abs. 2-3; BGB § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 284 Abs. 1, § 249 Abs. 1, § 275

 

Verfahrensgang

ArbG Neumünster (Urteil vom 24.05.2007; Aktenzeichen 2 Ca 89 d/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 24.05.2007, Az. 2 Ca 89 d/07, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Gewährung von Bildungsurlaub nach dem Bildungsfrei-stellungs- und Qualifizierungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (BFQG).

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1999 als Verkäufer beschäftigt. Seit 2002 ist er in deren Filiale in N. eingesetzt und bezieht derzeit ein Monatsgehalt von EUR 1.950,00 brutto. Mit Schreiben vom 29.12.2004 beantragte der Kläger die Übertragung seines Bildungsurlaubs für das Jahr 2004 auf das Jahr 2005 mit dem Hinweis, dass er beabsichtige, in der Zeit vom 08.07. bis 21.07.2005 an dem zweiwöchigen anerkannten Bildungsseminar „Bildungsreise: Ökologie im Korallenriff (Rotes Meer)” in Ägypten teilzunehmen (Bl. 5 f. d. GA.).

Mit Schreiben vom 02.02.2005 lehnte die Beklagte den beantragten Bildungsurlaub für den begehrten Zeitraum ab. Zur Begründung führte sie aus (Bl. 7 d. GA.):

  • • der Jahresurlaub ihrer Kollegen/innen des Abteilungsbereiches hat Vorrang
  • • in der von Ihnen gewünschten Zeit haben bereits die Mitarbeiter R. und S. vom 11.-16.07.05 sowie Herr G. vom 04.-09.07.05 und Frau B. vom 18.-23.07.05 Teile ihres Jahresurlaubs geplant.
  • • Ein zusätzlicher Urlauber, in diesem Fall Sie, würde die Verkaufsfähigkeit des Abteilungsbereiches nicht mehr sicherstellen und zu wirtschaftlichem Schaden führen.

Zugleich bot die Beklagte dem Kläger zwei zweiwöchige Alternativtermine im August und Oktober 2005 an. Unstreitig fand die o. g. Bildungsveranstaltung in diesen Monaten nicht statt. Mit Schreiben vom 09.02.2005 wies der Kläger die Ablehnungsgründe der Beklagten zurück (Bl. 32 d. GA.). Die Beklagte lehnte weiterhin die Gewährung von Bildungsurlaub während des genannten Zeitraums ab. Mit dem am 30.05.2005 eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren (ArbG Neumünster: 1 Ga 14 c/05) verfolgte der Kläger den diesbezüglichen Freistellungsanspruch nach dem BFQG weiter. Mit Urteil vom 22.06.2005 wies das Arbeitsgericht den Eilantrag des Klägers mangels Verfügungsgrund zurück. Der Kläger habe die Eilbedürftigkeit selbst verschuldet.

Mit Schreiben vom 27.08.2005 beantragte der Kläger eine Woche Bildungsurlaub für einen Englischkurs in der Zeit vom 10.10. bis 15.10.2005 Bl. 39 d. GA.), gleichzeitig beantragte er die Übernahme einer Woche Bildungsurlaub auf das nächste Jahr. Die Beklagte bewilligte den beantragten einwöchigen Bildungsurlaub, den der Kläger auch nahm. Mit Anwaltsschreiben vom 30.11.2005 wiederholte der Kläger seinen Antrag, die eine Woche Bildungsurlaub des nicht in Anspruch genommenen verblockten Bildungsurlaubs 2004/2005 auf das Jahr 2006 zu übertragen. Auch diese Forderung lehnte die Beklagte unter dem 14.12.2005 ab. Mit Schreiben vom 29.12.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis. ...

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