Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsersetzungsantrag vor der Entscheidung des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes gem § 103 BetrVerfG (juris: BetrVG), § 15 KSchG gestellt, so ist ein noch vor der Entscheidung des Betriebsrats am selben Tag beim Arbeitsgericht gestellter Zustimmungsersetzungsantrag unzulässig. Der Zustimmungsersetzungsantrag wird nicht mit der am nächsten Tag erfolgten Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zulässig. Der mit Telefax beim Arbeitsgericht gestellte Zustimmungsersetzungsantrag wird auch nicht dadurch zulässig, daß einen Tag nach seiner Einlegung bei Gericht der Betriebsrat die Zustimmung verweigert und einen Tag nach dieser Erklärung des Betriebsrats das Original des Ersetzungsantrags bei Gericht eingeht.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 3. November 1999 - 3 BV 47 a/99 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 (Arbeitgeberin) begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2 (Betriebsrat) zur Kündigung des Beteiligten zu 3 (Arbeitnehmer und Betriebsratsmitglied).

Der Beteiligte zu 3 ist 53 Jahre alt und seit 1. Juli 1991 bei der beteiligten Firma als Laborleiter beschäftigt.

Die beteiligte Arbeitgeberin hält den Beteiligten zu 3 wegen ständiger Wiederholung gleichgelagerter Nachlässigkeiten, Fälschungen und Falschangaben für ungeeignet, weiterhin als Laborleiter bei ihr tätig zu sein. Die Beteiligten zu 1 und 3 hatten über diverse Kündigungen Rechtsstreitigkeiten geführt, in denen jeweils festgestellt wurde, dass die Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hatten, sei es weil die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung nicht vorlag, weil bei einer Verdachtskündigung der Beteiligte zu 3 vorher nicht angehört worden war (LAG Schl.-Holst., Verf. 3 Sa 445/99 und 3 Sa 446/99), oder weil die Vorwürfe der Beteiligten zu 1, der Beteiligte zu 3 habe vorsätzlich Putzmörtelproben derart falsch angemischt, dass diese die Prüfung bei der MFPA nicht bestanden hätten, nicht bewiesen werden konnten. Auch ein früherer Antrag der Beteiligten zu 1 auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats (LAG Schl.-Holst., 5 TaBV 48/99) wurde rechtskräftig zurückgewiesen.

Hier streiten die Beteiligten darüber, ob der Beteiligte zu 3 der Beteiligten zu 1 gegenüber am 21. Juli 1999 und am 3. August 1999 unzutreffende Auskünfte bezüglich der Arbeitsabläufe in der Qualitätskontrolle gegeben habe im Zusammenhang mit seinen früheren Verfehlungen, wie dass er im Jahr 1997 in zwei Fällen falsche Produktprüfdaten protokolliert und auch gestanden habe, diese Falschprotokollierung vorsätzlich begangen zu haben, der Abmahnung vom 22. September 1998, weil er danach versucht habe, Aufzeichnungen beiseite zu schaffen, weiterhin frei erfundene Werte in Prüfzeugnisse eingetragen habe, Proben für das Wärmeverbundsystem REDItherm, die zur Zulassung bei der MFPA Leipzig eingereicht worden seien, unter Abweichung von der Richtrezeptur habe herstellen lassen und dadurch der Beteiligten zu 1 einen hohen Schaden verursacht habe, am 8. Februar 2000 wiederum für den Haftputz FF frei erfundene Qualitätskriterien dokumentiert habe und in mindestens sieben weiteren Fällen Prüfergebnis überhaupt nicht oder erst nach längerer Zeit dokumentiert und Prüfungen nicht nach den einschlägigen Standards und Qualitätsnormen durchgeführt habe. Die antragstellende Arbeitgeberin könne sich als produzierendes Unternehmen am Markt nur dann behaupten, wenn sie die Qualitätsstandards der DIN ISO 9000 erfülle. Zentrales Instrument der Qualitätssicherung sei eine zuverlässig arbeitende Qualitätskontrolle. Ein Leiter des Kontrolllabors, der Prüfdaten verfälsche, Prüfungen und Prozesse nicht oder nur nachlässig durchführe und auf Befragen zu den Abläufen in der Qualitätskontrolle gegenüber der Geschäftsleitung unzutreffend Angaben mache, sei für sie, die Beteiligte zu 1, existenzbedrohend und untragbar.

Die Beteiligte zu 1 führte nach dem Gespräch vom 21. Juli 1999 noch Gespräche mit der Zeugin Le. sowie dem Zeugen No. und dem Zeugen Je. und am 3. August 1999 ein weiteres Gespräch mit dem Beteiligten zu 3. Mit Schreiben vom 3. August 1999 teilte sie im achtseitigen Anhörungsschreiben die Gründe für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung dem Betriebsrat mit. Der beteiligte Betriebsrat bestätigte mit Schreiben vom 5. August 1999 den Eingang der Anhörung am 4. August 1999 und erwiderte, er habe mehrheitlich beschlossen, der fristlosen Kündigung nicht zuzustimmen, da die Gründe der Anhörung der Firma schon seit dem 4. Februar 1999 bekannt seien und nach § 626 Abs. 2 BGB nicht mehr für eine Anhörung zu einer Kündigung nach § 103 BetrVG verwendet werden könnten. Dass die Firma nach dem Beschluss vom Arbeitsgericht Neumünster erst genauer recherchiert habe, reiche ihm, dem Betriebsrat, ni...

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