Verfahrensgang

ArbG Dessau (Urteil vom 14.10.1998; Aktenzeichen 7 Ca 315/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil desArbG Dessau vom14.10.1998 – 7 Ca 315/98 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin stand bei der Beklagten aufgrund einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in einem vom 20.04.1998 bis zum 19.04.1999 befristeten Arbeitsverhältnis Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien galt eine dreimonatige Probezeit, während der das Arbeitsverhältnis innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist ohne Angaben von Gründen beendet werden konnte. Die Klägerin erkrankte ab dem 12.06.1998. Während ihrer Erkrankung kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 14.07.1998 zum 28.07.1998. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 05.08.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage und macht geltend, dass die Kündigung gegen das Maßregelunsverbot verstoße bzw. sittenwidrig sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe auf Befragen durch den Zeugen … Geschäftsführer der Gewerkschaft IG BAU … telefonisch erklärt, dass die Klägerin wegen ihrer Krankschreibung gekündigt worden sei.

Die Klägerin hat u. a. beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 14.07.1998 aufgelöst worden ist.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin keine Tatsachen dargelegt hat, die den Schluss darauf zuließen, dass die Beklagte die Kündigung willkürlich ohne jeglichen sachlichen Grund ausgesprochen habe.

Gegen das ihr am 26.10.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 26.11.1998 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Frist bis zum 26.01.1999 – am 21.01.1999 begründet. Sie macht weiterhin geltend, dass die Kündigung wegen ihrer Erkrankung ausgesprochen worden sei, und sieht darin eine verbotene Maßregelung gemäß § 612 a BGB. Sie beantragt.

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 14.10.1998 – 7 Ca 315/98 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 14.07.1998 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt.

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die in der 2. Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie die Protokollerklärungen Bezug genommen. Weiterhin wird auf das angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 14.07.1998 mit dem 28.07.1998 aufgelöst worden. Die Kündigung hat im Hinblick auf die vereinbarte dreimonatige Probezeit, die bei ihrem Zugang noch nicht abgelaufen war, die gesetzliche Frist von 2 Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB gewahrt. Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz bestand nicht, da die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG noch nicht erfüllt war.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Kündigung nicht als verbotene Maßregelung gemäß § 612 a BGB unwirksam. Nach dieser Bestimmung darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Es ist bereits zweifelhaft, ob der Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig ist und deswegen nicht arbeitet, in zulässiger Weise ein Recht ausübt. Durch die bestehende Arbeitsunfähigkeit wird vielmehr die Arbeitsleistung unmöglich und der Arbeitnehmer nach § 275 BGB von der Verpflichtung zur Leistung frei (vgl. auch BAG Urteil vom 16.02.1989 – 2 AZR 299/88 – = APNr. 20 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; BAG Urteil vom 26.10.1994 – 10 AZR 482/93 – = APNr. 18 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie).

Nach Auffassung der Kammer stellt eine auf Krankheitsgründe gestützte Kündigung jedenfalls dann keine verbotene Maßregelung i. S.v. § 612 a BGB dar, wenn der Arbeitgeber die Krankheit selbst einschließlich ihrer betrieblichen Konsequenzen zum Anlass für die Kündigung nimmt. Anders mag es sein, wenn der Arbeitgeber in Ansehung der Erkrankung des Arbeitnehmers diesen auffordert, zur Arbeit zu erscheinen, und ihm kündigt, weil der Arbeitnehmer diesem Ansinnen nicht nachkommt.

In diesem Fall nämlich würde die Kündigung nicht wegen der Erkrankung, sondern allein deshalb ausgesprochen, weil der Arbeitnehmer sich der Leistungsaufforderung des Arbeitgebers unter Berufung auf seine Leistungsfreiheit (§ 275 BGB) widersetzt. Demgegenüber knüpft die Kündigung der Beklagten im vorliegenden Fall – nach Behauptung der Klägerin – unmittelbar an die Tatsache der Erkrankung und die daraus folgenden betrieblichen Beeinträchtigungen an. Sie ist daher weder eine verbotene Maßregelung noch sittenwidrig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, Gründe, die Revision gemäß § 72 ArbGG zuzulassen, bestanden nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 929338

BB 2001, 205

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