Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Anhörung des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berufung der Klägerin auf eine fehlerhafte Sozialauswahl ist mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, wenn diese sich auf eine andere Mitarbeiterin beruft, mit der sie meint, vergleichbar zu sein, wenn auch diese Mitarbeiterin im Rahmen der Sozialauswahl zu kündigen gewesen wäre.

 

Normenkette

BetrVG § 102; KSchG § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 28.07.2000; Aktenzeichen 3 Ca 225/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 28.07.2000 abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen.

Der Feststellungsantrag wird abgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin jedenfalls bis zum 31.03.2001 zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 75 %, die Beklagte zu 25 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen eine betriebsbedingte Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 28.03.2000 zum 30.09.2000. Sie begehrt darüber hinaus ihre Weiterbeschäftigung als Küchenhilfe.

Die am … geborene Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.04.1994, zuletzt als Küchenhilfe, zu einer Bruttovergütung von zuletzt 3.300,– DM in Vollzeit beschäftigt. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Klägerin war in der … eingesetzt.

Unter dem Datum des 17.03.2000 wurde im Betrieb der Beklagten ein Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart. Die dem Interessenausgleich zugrunde liegende Betriebsänderung lag darin, dass der Reinigungsdienst in der … fremdvergeben werden sollte und damit die Betriebsabteilung „Reinigungsdienst” geschlossen werden sollte, wobei die Umsetzung zum 30.09.2000 beabsichtigt war.

Durch die Schließung der Betriebsabteilung entfiel ein Arbeitsvolumen von 35,69 Vollzeitkräften. Wegen des Inhalts des Interessenausgleichs sowie des Sozialplanes wird auf diese (Blatt 20 bis 26 d. A.) verwiesen.

Von den bei der Beklagten beschäftigten ca. 500 Arbeitnehmern befanden sich insgesamt 56 Mitarbeiter im Reinigungsdienst. Die Arbeitsverträge bei der Beklagten erhalten durchgängig eine Versetzungsklausel, aus der sich die Verpflichtung der Arbeitnehmer ergibt, alle den Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten zu verrichten, die zugemutet werden können.

Die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter erfolgte in der Weise, dass die nach Ansicht der Beklagten vergleichbaren Mitarbeiter, nämlich die Reinigungskräfte und die Küchenhilfen sowie weitere Hilfskräfte nach einem sogenannten Sozialranking ausgewählt wurden. Dabei wurden die Kriterien des Lebensalters, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Umfang der Unterhaltsverpflichtungen zugrunde gelegt, wobei nach einem Punktsystem die Betriebszugehörigkeit bis zu zehn Jahren je Dienstjahr mit einem Punkt, ab dem elften Jahr mit je zwei Punkten bewertet wurden, wobei berücksichtigt wurden Zeiten bis zum vollendeten 65. Lebensjahr. Bezüglich des Lebensalters wurde bei den in die Sozialauswahl einbezogenen Mitarbeitern je vollendetem Lebensjahr ein Punkt berücksichtigt, wobei ebenfalls nur eine Berücksichtigung bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres erfolgte. Bezüglich der unterhaltsberechtigten Kinder wurde auf die einschlägigen Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte abgestellt und für jedes unterhaltsberechtigte Kind vier Sozialpunkte berücksichtigt. Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung ab 50 % sowie Gleichgestellte erhielten darüber hinaus zusätzlich fünf Sozialpunkte.

Auf Grund der Sozialdaten der Klägerin wurde bei der Klägerin eine Gesamtpunktzahl von 55 festgestellt. Sie gehörte nach diesem Auswahlsystem zu den zu kündigenden Mitarbeitern. Bezüglich der seitens der Beklagten aufgestellten Liste der Mitarbeiter nebst Sozialdaten wird auf diese (Blatt 27/28 d. A.) verwiesen.

Die Mitarbeiterin J. wurde seitens der Beklagten nicht in die Sozialauswahl einbezogen. Diese war bei der Beklagten seit dem 01.02.1996 beschäftigt. Sie ist am … geboren, verheiratet und hat zwei Kinder. Diese Mitarbeiterin hat einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt. Frau J. wurde durch die Beklagte seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses in der Näherei beschäftigt. Bezüglich der von ihr verrichteten Tätigkeiten im einzelnen besteht Streit zwischen den Parteien. Frau J. hat keine Ausbildung als Näherei. Wegen des von dieser Mitarbeiterin bei der Beklagten vorgelegten Arbeitszeugnisses bezüglich ihrer vorherigen Tätigkeit wird auf dieses (Blatt 49 d. A.) Bezug genommen. Frau J. ist zwischenzeitlich aufgrund eines Aufhebungsvertrages, der nach der Kündigung der Klägerin abgeschlossen wurde, zum 30.09.2000 bei der Beklagten ausgeschieden.

Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat wurde mit Schreiben vom 20.03.2000 zur Kündigung der Klägerin angehört. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf dieses (Blatt 29/30 d. A.) verwiesen. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung mit Schre...

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