Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltzahlung im Krankheitsfalle, § 3 EFZG. Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle nach dem Rahmentarifvertrag für Landarbeiter in Bayern vom 7.5.1992

 

Leitsatz (amtlich)

§ 10 Ziffer 2 des Rahemntarifvertrages für Landarbeiter in Bayern, wonach sich der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitentgelts für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz vom 27.7.1969 richtet, enthält eine konstitutive Regelung. Die Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs beträgt 100 %.

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 18.06.1997; Aktenzeichen 16 Ca 5589/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.11.1998; Aktenzeichen 5 AZR 450/98)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 18.6.1997 – 16 Ca 5589/97 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger vom Beklagten für eine 4-tägige krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung in Höhe des ihm bei der für ihn maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts oder lediglich in Höhe von 80 vom Hundert des ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts verlangen kann.

Der Kläger ist seit 2.10.1978 als Landarbeiter in der staatlichen Versuchsgüterverwaltung … des Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Der Beklagte wendet den jeweils geltenden Rahmentarifvertrag für Landarbeiter in Bayern an. § 10 Nr. 2 des Rahmentarifvertrages vom 7.5.1992 für Landarbeiter in Bayern – gültig ab 1.1.1992/1.4.1992 – enthält folgende Regelung:

Ist der Arbeitnehmer infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz) vom 27. Juli 1969.

§ 10 des genannten Rahmentarifvertrages enthält noch weitere Regelungen über Lohnfortzahlung ohne Arbeitsleistung, jedoch nicht im Krankheitsfall.

Im Februar 1979 war der Kläger 4 Tage lang arbeitsunfähig. Er erhielt für diesen Zeitraum Entgeltfortzahlung in Höhe von DM 457,71 brutto, wobei der Beklagte die Höhe der Entgeltfortzahlung nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes in der durch Gesetz vom 25.9.1996 (BGBl. I S. 1059) geänderten Fassung errechnete, dem Kläger also Entgeltfortzahlung lediglich in Höhe von 80 % des ihm bei der für ihn maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit zustehenden Arbeitsentgelts leistete.

Mit Schreiben der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt vom 11.3.1997 machte der Kläger den Differenzbetrag „des Krankengeldes” in Höhe von DM 114,43 brutto gemäß § 20 des genannten Rahmentarifvertrages geltend.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe auf Grund des § 10 Nr. 2 des Rahmentarifvertrages vom 7.5.1992 für Landarbeiter in Bayern (im folgenden: RTV) eine hundertprozentige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zu, dies deswegen, weil der RTV auf das Lohnfortzahlungsgesetz vom 27.7.1969 verweise. Eine Neuregelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle finde somit keine Anwendung.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt, die Beklagte zur Zahlung von DM 114,43 brutto an den Kläger zu verurteilen.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug Antrag auf Abweisung der Klage gestellt.

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, die tarifliche Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle enthalte eine dynamische Verweisung auf die gesetzliche Regelung in der jeweils gültigen Form. Denn in der tariflichen Formulierung werde der Inhalt von § 1 Abs. 1 Satz 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes von 1969 wiedergegeben und auf das Gesetz verwiesen. In § 10 Nr. 2 RTV sei kein Hinweis zu finden, daß die Tarifvertragsparteien eine konstitutive Regelung hätten treffen wollen, die unabhängig von der jeweiligen Gesetzeslage gelten solle. Die Tarifvertragsparteien hätten also die damals im Tarifgebiet geltende gesetzliche Regelung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle inhaltlich übernommen; die bloße Anpassung der Wortwahl und der Bezifferung der Absätze an das im Tarifvertrag Gebräuchliche sei für die Frage der Eigenständigkeit der tariflichen Regelung ohne Bedeutung. Auch die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt selbst gehe davon aus, daß im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch auf hundertprozentige Lohnfortzahlung bestehe, weil sie am 16.4.1997 einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen habe, der nunmehr eine hundertprozentige Entgeltfortzahlung enthalte, wofür als Gegenleistung ein freier Tag gestrichen worden sei.

Mit Endurteil vom 18.6.1997, auf das hinsichtlich des Parteivortrags erster Instanz sowie der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München der Klage stattgegeben...

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