Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des BBiG auf ein praxisintegrierendes duales Studium. Voraussetzungen der Kündigung des Studienvertrages. Mitbestimmung des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf ein praxisintegrierendes duales Studium ist das BBiG - anders als im Falle eines ausbildungsintegrierenden Studiums - nicht anwendbar, wenn die praktische Tätigkeit Teil des Studiums und durch eine auf dem Hochschulgesetz beruhende Studien- oder Prüfungsordnung staatlich anerkannt ist.

2. Findet das BBiG insgesamt keine Anwendung, kann es sich auch nicht um ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG handeln, das auf den Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher Erfahrungen gerichtet ist.

3. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat diejenigen Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Für eine ordnungsgemäße Anhörung kann es genügen, wenn der Arbeitgeber lediglich ein Werturteil als Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt. Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz darf durch die Anforderungen, die an eine Anhörung nach § 102 BetrVG gestellt werden, nicht vorverlagert werden.

 

Normenkette

BBiG §§ 3, 26; HSG S-H §§ 49, 52; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 24.05.2018; Aktenzeichen 6 Ca 182/18)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 24.05.2018 - 6 Ca 182/18 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigung eines Studienvertrags.

Der im März 1991 geborene Kläger erwarb am 31.03.2015 den akademischen Grad eines Bachelors. Unter dem 17.05.2017 schloss er mit der Beklagten, die eine Tageszeitung herausgibt, einen Studienvertrag über die Teilnahme am dualen Masterstudiengang "Journalismus und Medienwirtschaft" in Kooperation mit der Fachhochschule K. - Fachbereich Medien. In diesem Vertrag heißt es unter anderem:

"...

§ 1 Gegenstand des Vertrages

Der Studiengang ist ein berufsbegleitendes Studium und enthält Fern- und Präsenzteile. Als Alleinstellungsmerkmal verbindet der Studiengang Elemente des Hochschulstudiums in den Bereichen Journalismus und Medienwirtschaft mit denen einer Ausbildung redaktioneller und verlagsspezifischer Art. Es wird zwischen verschiedenen Lehrmethoden gewechselt (praxisnahe Module im Verlag, Präsenzlehrphasen, ein interaktives Selbststudium mit einer netzgestützten Fernlehre), deren Ziel der Abschluss zum

Master of Arts

und die Erstellung der Master-Thesis ist. Das Vertragsverhältnis gilt für alle Zeitungstitel des medienhaus ... sowie für alle Medien, die das medienhaus ... mit redaktionellen Beiträgen beliefert oder mit denen Kooperationen geschlossen wurden oder werden.

§ 2 Beginn und Ende

Die Studien- und Ausbildungszeit beginnt am 01.09.2017 und endet nach sechs Semestern am 31.08.2020.

Es wird eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Während der Probezeit kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsschluss gekündigt werden. Nach der Probezeit kann das Vertragsverhältnis mit der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet werden.

Die Kündigung bedarf der Schriftform. Voraussetzung für das Inkrafttreten und die Durchführung dieses Vertrages ist die Immatrikulation des Studierenden an der Fachhochschule K. - Fachbereich Medien. Erfolgt eine Exmatrikulation des Studierenden, so endet dieser Vertrag mit dem Datum der Exmatrikulation.

Besteht der Studierende die Prüfung in den einzelnen Prüfungen nicht, können diese Leistungen gemäß Prüfungsordnung grundsätzlich einmal - bei nächster Gelegenheit - wiederholt werden.

...

§ 4 Vergütung/Studiengebühren

Die monatliche Vergütung des Studierenden beträgt ...

im ersten und zweiten Semester € 2.060,- (brutto)

im dritten und vierten Semester € 2.214,50 (brutto)

ab dem fünften Semester € 2.420,50 (brutto)

...

Dem Studierenden wird die Vergütung auch für die Zeit des Besuches der Fachhochschule oder berufsbegleitender Maßnahmen gezahlt.

Der Verlag verauslagt die monatlichen Studiengebühren laut Kooperationsvertrag mit der Fachhochschule K., ... Die Studiengebühren betragen monatlich € 250,- (brutto). Es erfolgt eine Verrechnung innerhalb der monatlichen Abrechnung. ...

...

§ 5 Arbeitszeit/Urlaub/Abwesenheiten

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden bei einer 5-Tage-Woche ohne Berücksichtigung der Pausen.

Die Verteilung sowie der Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach den betrieblichen Notwendigkeiten; die persönlichen Bedürfnisse des Studierenden sind zu berücksichtigen. Der Verlag behält sich vor, unter Beachtung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes bei Bedarf die Arbeitszeit auf...

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