Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Urteil vom 04.09.1996; Aktenzeichen 4 Ca 1673/96)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom4. September 1996 – 4 Ca 1673/96 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt das Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist beim Beklagten als Lehrerin beschäftigt. Sie unterrichtet die Fächer Biologie und Chemie. Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Vollzeit- oder ein Teilzeitarbeitsverhältnis besteht.

Nach dem Arbeitsvertrag vom 6./13.7.1992 (Blatt 6–8 d. A.) wird die Klägerin „weiterhin, jedoch ab 1.8.1992 … als nicht vollbeschäftigte Angestellte mit durchschnittlich regelmäßig 23 Unterrichtsstunden wöchentlich … auf unbestimmte Zeit” beschäftigt.

Die Pflichtstundenzahl für vollbeschäftigte Lehrkräfte betrug im Bereich der Realschulen, in dem die Klägerin zu der Zeit beschäftigt war, 27 Unterrichtsstunden wöchentlich; im Bereich der Gymnasien, in dem die Klägerin inzwischen beschäftigt wird, beträgt sie 25 Stunden. In Nebenabreden zum Arbeitsvertrag haben die Parteien jeweils befristet für ein Schuljahr einen zusätzlichen Umfang der Arbeitszeit von teils vier, teils zwei Stunden vereinbart. Daneben wurden der Klägerin seit dem Schuljahr 1992/93 nach ihrer Anerkennung als Schwerbehinderte jeweils zwei Unterrichtsstunden wöchentlich erlassen auf Grund eines vom Kultusministerium für jeweils ein Schuljahr getroffenen Erlasses über die Abminderung von Unterrichtsstunden bei Schwerbehinderten.

Zuletzt haben die Parteien im Änderungsvertrag vom 10.8./19.9.1995 (Blatt 14 d. A.) eine Nebenabrede getroffen mit dem Wortlaut: „Zusätzlich zwei Unterrichtsstunden wöchentlich befristet für den Zeitraum vom 10.8.95 bis 19.6.96 für Schwerbehinderung”. Für das Schuljahr 1996/97 hat das Beklagte eine Fortschreibung der Nebenabrede über zwei zusätzliche Unterrichtsstunden abgelehnt.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 26. April 1996 erhobenen Klage. Sie ist der Ansicht, die Befristung der in der Nebenabrede vereinbarten zusätzlichen Unterrichtsstunden sei mangels eines sachlichen Grundes unwirksam.

Das Beklagte hat vorgetragen: Soweit für die vorliegende Nebenabrede überhaupt eine Befristungskontrolle in Betracht komme, sei die Befristung begründet gewesen, weil an dem im Aufbau befindlichen Gymnasium in Schönberg ein wachsender Lehrbedarf bestanden habe, der aber für eine neue Stelle nicht ausgereicht habe. Da zum Schuljahr 1996/97 eine zeitweise an eine andere Schule abgeordnete Lehrerin für Biologie und Französisch an das Gymnasium zurückgekehrt sei und wegen der beabsichtigten Neueinstellung einer Französisch-Lehrerin überwiegend im Fach Biologie eingesetzt werden solle, habe im Schuljahr 1996/97 für die Mehrstunden der Klägerin kein Bedarf mehr bestanden.

Das Arbeitsgericht Schwerin hat durch Urteil vom 4. September 1996 für Recht erkannt:

  1. Es wird festgestellt, daß zwischen den Parteien ein Vollzeitarbeitsverhältnis auf unbestimmte Dauer besteht.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.
  3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 16.416,00 DM.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht sinngemäß ausgeführt: Zumindest für die Befristung der letzten Nebenabrede vom 10.8./19.9.1995 bestehe kein sachlicher Grund. Die gerichtliche Befristungskontrolle bestehe jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 13.6.1986, 7 AZR 650/84, AP Nr. 19 zu § 2 KSchG; Urteil vom 21.4.1993, 7 AZR 297/92, AP Nr. 34 zu § 2 KSchG 1969) grundsätzlich auch bei befristeten Änderungen des Arbeitsverhältnisses wie der Übertragung höherwertiger Tätigkeiten, der Vereinbarung höherer Provisionssätze und der befristeten Aufstockung des Stundensolls einer Teilzeitkraft. Danach sei Kontrolle von derartigen Befristungsabreden nur dann nicht geboten, wenn es sich um Änderungen des Arbeitsvertrages handele, die im Wege des Direktionsrechtes wieder beseitigt werden könnten.

Eine Veränderung des Umfanges der Arbeitszeit sei jedoch nicht einseitig möglich. Dabei könne entgegen der Ansicht des Beklagten nicht entsprechend dem Urteil des BAG vom 21.4.1993 darauf abgestellt werden, daß die befristete Mehrleistung mit einem Umfang von etwa zehn bis fünfzehn Prozent verhältnismäßig gering gewesen sei. Die Entscheidung des BAG habe die Nichtüberprüfbarkeit der befristeten Zusage einer übertariflichen Zulage betroffen, während es hier um den Umfang der Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers, also den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses gehe, der nicht einer einseitigen Veränderung unterliegen könne (BAG, Urteil vom 12.12.1984, 7 AZR 509/83, AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969).

Ein sachlicher Grund für die Befristung könne in der Gewährung von Abminderungsstunden im gleichen Umfang nicht gesehen werden. Ein sonstiger Befristungsgrund, etwa ein absehbarer Personalüberhang bei Biologie-Lehrern sei nicht substantiiert dargelegt worden. Soweit das Beklagte sich auf einen durch die Rückkehr der zuvor abgeordnete...

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