Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsquittung eines ausländischen Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitnehmer kann auch noch nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage in einer Ausgleichsquittung auf die Durchführung des Kündigungsschutzrechtsstreits verzichten. Ein solcher Verzicht muss unmissverständlich erklärt werden.

2. Obige Grundsätze gelten auch für ausländische Arbeitnehmer.

3. Ein Arbeitgeber kann sich aufgrund seiner Fürsorgepflicht auf die Wirksamkeit einer von einem ausländischen Arbeitnehmer unterzeichneten Ausgleichsquittung dann nicht berufen, wenn er weiß oder erkennen muss, dass der Arbeitnehmer den Inhalt der Erklärung wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht versteht. Ein Arbeitnehmer mit qualifizierter Berufsausbildung (indischer Ingenieur), der sich seit 10 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und deutsch nicht nur sprechen, sondern auch lesen kann, ist an die von ihm von ihm unterzeichnete Ausgleichsquittung gebunden.

 

Normenkette

KSchG § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 22.07.1999; Aktenzeichen 1 Ca 2058/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22.07.1999 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln –1 Ca 2058/99 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine Entscheidung zugunsten des Klägers.

Mit Recht hat das Arbeitsgericht dahinstehen lassen, ob die mit Schreiben vom 16.02.1999 von der Beklagten ausgesprochene außerordentliche Kündigung durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt war. Denn der Kläger hat durch die am 19.03.1999 unterzeichnete Ausgleichsquittung auf sein Klägerecht verzichtet.

Der Text der Ausgleichsquittung ist eindeutig. Danach hat der Kläger erklärt, dass er mit seinem Ausscheiden aus dem Betrieb zum 16.02.1999 einverstanden sei und auf das Klägerecht verzichte. Ein solcher Verzicht ist rechtlich möglich, selbst dann, wenn der Arbeitnehmer bereits Kündigungsschutzklage erhoben hatte. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Arbeitnehmer in einer Ausgleichsquittung auf die Erhebung oder Durchführung der Kündigungsschutzklage verzichten kann. Ein solcher Verzicht muss allerdings aus Gründen der Rechtsklarheit unmißverständlich zum Ausdruck kommen (BAG Urteile vom 06.04.1977 – 4 AZR 721/75 –, vom 29.06.1978 – 2 AZR 681/76 – und vom 03.05.1979 – 2 AZR 679/77 –, EzA § 4 KSchG n.F. Nrn. 12, 13 und 15; ferner BAG Urteil vom 20.06.1985 – 2 AZR 427/84 –, EzA § 4 KSchG – Ausgleichsquittung – Nr. 1). Den dort genannten Anforderungen entspricht die hier streitige Ausgleichsquittung.

Bei dem in der Erklärung enthaltenen vorformulierten Klageverzicht handelt es sich auch nicht um eine Überraschungsklausel, die der Kläger nicht gegen sich gelten lassen müsste. Denn der Text der Ausgleichsquittung besteht nur aus wenigen Zeilen. Der Text ist keineswegs kleingedruckt. Er ist durch Fettdruck hervorgehoben.

Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, er habe den Text der Ausgleichserklärung nicht verstanden. Auch ein ausländischer Arbeitnehmer kann nach Erhalt einer Kündigung auf Erhebung und Durchführung einer Kündigungsschutzklage in einer Ausgleichsquittung verzichten. Für ausländische Arbeitnehmer gelten dieselben Rechtsgrundsätze wie für deutsche Arbeitnehmer. Schließlich bleibt es dem ausländischen Arbeitnehmer, der den Text einer ihm vorgelegten Erklärung nicht versteht, unbenommen, die Unterschriftsleistung zu verweigern, oder auf sein sprachliches Unvermögen hinzuweisen und sich den Text erklären zu lassen. Deshalb folgt das Gericht nicht der Rechtsansicht des Klägers, der Klageverzicht sei schon deshalb unwirksam, weil ihm die Erklärung nicht in seiner Muttersprache vorgelegt worden sei.

Allerdings kann sich ein Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht im Zweifel dann nicht auf die Wirksamkeit einer von einem ausländischen Arbeitnehmer unterzeichneten Ausgleichsquittung berufen, wenn er dem Arbeitnehmer die Erklärung in Kenntnis des Umstandes zur Unterschrift vorgelegt hat, dass dieser der deutschen Sprache nicht mächtig ist, oder wenn er jedenfalls aufgrund der Umstände erkennen musste, dass der Arbeitnehmer den Inhalt der Erklärung nicht versteht (ähnlich LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.11.1971, EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 1).

Im Streitfall liegt ein Verstoß der Beklagten gegen die Fürsorgepflicht nicht vor. Die Geschäftsführerin der Beklagten musste nicht davon ausgehen, dass der Kläger den Text der Ausgleichsquittung möglicherweise nicht verstehen könne. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht unbestritten vorgetragen, dass der Kläger sie regelmäßig verstanden habe, wenn sie ihm in deutscher Sprache erklärt habe, wo er eingesetzt werde und wie er dort hinkommen könne. Unbestritten hat er sich auch in der Brauerei, in der er gearbeitet hat, auf Deutsch verständigt...

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