Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentliche Kündigung eines unkündbaren Mitarbeiters wegen Alkoholabhängigkeit. Nachweis der Abhängigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine außerordentliche personenbedingte Kündigung wegen Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers setzt eine negative Zukunftsprognose voraus, die erfordert, dass der betreffende Arbeitnehmer nachgewiesenermaßen alkoholkrank ist.

2. Die fehlende Therapiebereitschaft eines alkoholkranken Arbeitnehmers kann die Annahme einer negativen Zukunftsprognose rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings das Bestehen einer Alkoholerkrankung.

 

Normenkette

BGB § 626; LTV § 30

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 01.07.2004; Aktenzeichen 3 Ca 3262/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 01.07.2004 – 3 Ca 3262/03 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Im vorliegenden Berufungsverfahren streiten die Parteien noch um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Der am 11.09.1958 geborene Kläger ist ledig. Seit dem 01.08.1973 war der Kläger zunächst als Auszubildender bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig. Nach einer Unterbrechung ist er seit dem 01.08.1979 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.08.1979 (Bl. 8 d.A.) bei der Beklagten, einem Bahntransportunternehmen mit mehr als 1.200 Mitarbeitern, in deren Niederlassung in H1xxx beschäftigt. Zuletzt war der Kläger als Wagenmeister im Wagenuntersuchungsdienst zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.461,–EUR tätig.

Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.08.1979 sind die Bestimmungen der Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn in ihrer jeweils gültigen Fassung Inhalt des Arbeitsvertrages. Nach § 30 LTV war das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich nicht mehr kündbar.

Ob der Kläger alkoholabhängig bzw. -krank ist, ist zwischen den Parteien streitig. In Anwendung einer „Konzernbetriebsvereinbarung zum Suchtmittelverbot, zum Umgang mit Suchtmittelgefährdung und -abhängigkeit im Unternehmen” vom 11.07.2001 (Bl. 34 ff d.A.) und einer Konzernrichtlinie 107 zur Tauglichkeitsfeststellung nach EBO vom 01.10.2001 (Bl. 41 ff d.A.) stellte die Betriebsärztin der Beklagten, Frau Dr. G4xxxxxx, bei einer Regeluntersuchung am 01.12.2001 die Untauglichkeit des Klägers wegen Alkoholmissbrauchs fest und informierte noch am gleichen Tag den zuständigen Personalreferenten darüber, dass der Kläger untauglich sei und ab sofort als Wagenmeister nicht mehr eingesetzt werden dürfe. Der Kläger wurde daraufhin zum 18.12.2001 unter Beibehaltung seiner Bezüge zum wirtschaftlichen Einsatz in das Buchfahrplanbüro H2xx versetzt.

Am 07.01.2002 wurde erneut die Betriebsdienstuntauglichkeit des Klägers festgestellt.

In der Zeit vom 14.03.2002 bis zum 12.06.2002 unterzog sich der Kläger einer stationären Entwöhnungsbehandlung in der Klinik am H3xxxxx, O1xxxxxxxxxxx. In der Entlassungsmitteilung vom 12.06.2002 (Bl. 54 d.A.) wurde die sofortige Arbeitsfähigkeit des Klägers festgestellt. Auf den Inhalt des Entlassungsberichts der „Klinik am Hellweg” (Bl. 246 ff d.A.) wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 11.06.2002 (Bl. 55 d.A.) wurde der Kläger über seine Verhaltenspflichten nach der Entwöhnungsbehandlung informiert.

Nach den Bestimmungen der Konzernrichtlinie 107 zur Tauglichkeitsfeststellung nach EBO können Mitarbeiter der Beklagten im Anschluss an eine therapeutische Maßnahme erst wieder für den Betriebsdienst tauglich erklärt werden, wenn sich die Laborbefunde normalisiert haben, kein Rückfall innerhalb eines Jahres eingetreten ist und der Mitarbeiter sich bei Einhaltung der erteilten Auflagen abstinent gezeigt hat und von der Suchtbetreuungsstelle, einem Betreuungsarzt bzw. Psychologen positiv beurteilt ist.

Der Kläger wurde nach der Entwöhnungsbehandlung ab 12.06.2002 weiter im Buchfahrplanbüro H2xx eingesetzt. Die in der Folgezeit durchgeführten Verlaufskontrollen durch die Betriebsärztin ergab die fortdauernde Untauglichkeit des Klägers.

Um den Kläger wirtschaftlicher und näher an seiner Tätigkeit als Wagenmeister einzusetzen, wurde er mit seinem Einverständnis mit Wirkung zum 07.10.2002 vom Buchfahrplanbüro in H2xx zur „Inspektion Wagen Güterwagen” (I1x) H1xxx versetzt. Hier werden die Wagen durch Wagenmeister untersucht, Reparaturnotwendigkeiten festgestellt und nach Reparaturen durch die Güterwagenwerkstatt endabgenommen. Im I1x H1xxx wurde der Kläger zunächst mit Hilfsaufgaben, wie Auswertungen, Erfassungen, Zählen, Ausfüllen von Formblättern und Schreibarbeiten befasst.

Auch in der Folgezeit wurde durch die Betriebsärztin Dr. G4xxxxxx anlässlich von Untersuchungen des Klägers weiter fehlende Tauglichkeit festgestellt.

Am 28.11.2002 fand ein Gespräch in der D6 G5xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH in D7xxxxxx statt. Nachdem der Kläger die Betriebsärztin Dr. G4xxxxxx von der Schweigepflicht entbunden hatte, wurde ihm ein Rückfall vorgehalten, nachgewiesen durch Alkoholmarker im Blut. Der Kläger bestri...

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