Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 08.12.1994; Aktenzeichen 1 Ca 979/94)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Paderborn vom 08. Dezember 1994 – 1 Ca 979/94 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt die nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage.

Der Kläger wurde von der Beklagten mit Wirkung vom 1. Juli 1989 als „Projektmanager” für eine monatliche Bruttovergütung von 17.500,– DM eingestellt. Der Vertrag war befristet auf die Dauer von fünf Jahren bis zum 30. Juni 1994.

Bei der Beklagten sind regelmäßig weitaus mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt.

Mit seiner am 7. Juni 1994 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts Passau zum Arbeitsgericht Detmold erhobenen Klage begehrte der Kläger ursprünglich die Zahlung seines Gehaltes für den Monat Mai 1994.

Mit Schreiben vom 10. Juni 1994 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „aus wichtigem Grunde… fristlos”. Das Schreiben ging dem Kläger – so seine erstmals in der Beschwerdeinstanz vorgebrachte, unwidersprochene Behauptung – spätestens am 15. Juni 1994 als postalisches Einschreiben zu.

Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 17. Juni 1994, drei Tage später beim Arbeitsgericht Passau „zur Weiterleitung an das Arbeitsgericht Detmold” eingegangen, erweiterte der Kläger die Klage um den Antrag festzustellen, daß die fristlose Kündigung der Beklagten unwirksam ist.

Der Schriftsatz war nicht unterzeichnet. Ebensowenig war es seine beglaubigte Abschrift. Darauf wurden die Parteien erstmals durch Hinweis des Vorsitzenden der zu Entscheidung berufenen Kammer des Arbeitsgerichts Paderborn, an welches der Rechtsstreit mittlerweile verwiesen worden war, aufmerksam gemacht. Der Hinweis erging in der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 1994.

Mit einem am 7. Juli 1994 unmittelbar beim Arbeitsgericht Detmold eingegangenen und handschriftlich unterzeichneten Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten hatte der Kläger zuvor die Klage um den Anspruch auf Zahlung seines Juni- Gehaltes erweitert und dabei den Feststellungsantrag vom 17. Juni 1994 förmlich wiederholt.

Am 7. November 1994 ging beim Arbeitsgericht Paderborn der „vorsorgliche” Antrag des Klägers ein, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. Der Kläger hat vorgetragen, er habe bis zum gerichtlichen Hinweis davon ausgehen dürfen, die Feststellungsklage vom 17. Juni 1994 sei ordnungsgemäß unterzeichnet worden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ein mögliches Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten an der Versäumung der Klagefrist brauche er sich nicht zurechnen zu lassen.

Mit einem am 7. Dezember 1994 beim Arbeitsgericht Paderborn eingegangenen Schriftsatz hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers eidesstattlich versichert, seine beiden ausgebildeten Rechtsanwaltsgehilfinnen hätten die Anweisung, jedes Schreiben vor Aufgabe zur Post genauestens daraufhin zu überprüfen, ob es ordnungsgemäß unterschrieben sei. Der Klageschriftsatz vom 17. Juni 1994 sei stattdessen, ohne ihm überhaupt zur Unterschrift vorgelegt worden zu sein, von einer Mitarbeiterin ohne diese Überprüfung „in den Postauslauf gegeben” worden.

Mit Beschluß vom 8. Dezember 1994 hat das Arbeitsgericht „die Kündigungsschutzklage vom 05.07.1994” nachträglich zugelassen. Es hat ausgeführt, der Kläger selbst habe den Auftrag zur Klageerhebung rechtzeitig erteilt. Es könne dahinstehen, ob die fehlende Unterzeichnung des Schriftsatzes vom 17. Juni 1994 auf einem Versehen des Büropersonals des klägerischen Prozeßbevollmächtigten oder auf dessen eigenem Verschulden beruhe. In beiden Fällen sei § 85 Abs. 2 ZPO nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamm nicht anwendbar.

Der Beschluß wurde der Beklagten jedenfalls nicht vor dem 21. Dezember 1994 zugestellt. Mit einem am 27. Dezember 1994 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat sie dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Für deren Begründung wird auf den Inhalt dieses Schriftsatzes Bezug genommen.

Der Kläger tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

 

Entscheidungsgründe

II

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Sie ist gemäß § 5 Abs. 4 KSchG als solche statthaft, die Beklagte hat sie nach Maßgabe der §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO form- und fristgerecht erhoben.

2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht nachträglich zugelassen.

2.1. Über den Antrag war gerichtlich zu befinden. Eine Kündigungserklärung als solche liegt vor. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 seiner Vorschriften das Kündigungsschutzgesetz Anwendung.

Voraussetzung für eine gerichtliche Bescheidung des Antrags ist ferner, daß die Kündigungsschutzklage, deren nachträgliche Zulassung begehrt wird, nach Maßgabe des § 4 KSchG objektiv als verspätet anzusehen ist. Nur dann gilt der Antrag auf nachträgliche Zulassung, auch ohne daß dies vom Antragsteller ausdrücklich so geäußert worden wäre, überhaupt als gestellt (v...

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