Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung des Arbeitsvertrages. Auslegung des Arbeitsvertrages nach §157 BGB. konstitutive oder deklaratorische Regelung

 

Leitsatz (amtlich)

Es liegt eine konstitutive Regelung vor, wenn in einem Arbeitsvertrag eine tarifvertragliche Regelung wiederholt wird, ohne daß ein Hinweis auf den Tarifvertrag erfolgt, und bei anderen ein Arbeitsvertrag wiederholten tarifvertraglichen Regelungen ein solcher Hinweis nicht erfolgt.

 

Normenkette

BGB § 157; TVG § 94 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 19.04.2000; Aktenzeichen 24 Ca 163/98)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. April 2000 – 24 Ca 163/98 – wird unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Er begehrt mit seiner Klage vom 7. August 1998, dass der Beklagte ihm ab 1. Januar 1998 den vollen Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung erstattet.

Der Kläger ist seit dem 1. April 1978 beim Beklagten bzw. dessen Vorgänger als Sachverständiger beschäftigt. Im Anstellungsvertrag vom 16. März 1978 heißt es zunächst unter § 1 letzter Satz:

„Im übrigen finden die jeweils gültigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen Anwendung.”

Unter § 2 Abs. 2 heißt es u. a.:

„Außerdem übernehmen wir für Sie den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung von z.Zt. DM 331,85 …”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf die Anlage K 1, Bl. 5 ff der Beiakte 24 Ca 180/97 verwiesen.

Beide Parteien sind Mitglied der jeweiligen Tarifvertragspartei. In dem zur Zeit der Einstellung des Klägers geltenden „Tarifvertrag über die Gewährung von Leistungen betreffend die Übernahme des Arbeitnehmeranteils zur Rentenversicherung” vom 25. Juli 1975 war in § 2 geregelt, dass die Mitarbeiter über ihre Vergütung hinaus den Betrag erhalten, den sie aufgrund ihrer Rentenversicherungspflicht von ihrem rentenversicherungspflichtigen Einkommen als Beitrag zu zahlen haben (vgl. Anlage K2, Bl. 10 der Beiakte).

Dieser Tarifvertrag wurde von den Tarifvertragsparteien in den Tarifvertrag gleichen Namens vom 11. Oktober 1996 abgeändert. Der neue Tarifvertrag billigt den Arbeitnehmern keine volle Erstattung des Beitrags mehr zu, sondern sieht in den §§ 2, 3 einen Zuschuss vor, welcher der Höhe nach auf den Arbeitnehmeranteil für 1996 beschränkt ist (vgl. Anlage K3, Bl. 13 der Beiakte), d. h. im Falle des Klägers auf DM 768,00 brutto. Zur Abgeltung haben alle vollbeschäftigten Arbeitnehmer eine Einmalzahlung von DM 900,00 brutto erhalten.

Infolge dieser Änderung des Tarifvertrages streiten die Parteien darüber, ob es sich bei der Regelung des § 2 des Anstellungsvertrages vom 16. März 1978 nur um einen deklaratorischen Hinweis auf tarifvertragliche Rechte handelt, der Kläger also lediglich einen Anspruch auf den jeweils gemäß geltendem Tarifvertrag zugesagten Beitrag zum Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung hat, oder ob dem Kläger konstitutiv eine vertragliche Zusage in Höhe des jeweils aktuellen Arbeitnehmerbeitragsanteils zur Rentenversicherung gemacht wurde.

Seit dem 1. Januar 1998 zahlte der Beklagte an den Kläger monatlich der Höhe nach unstreitig DM 84,60 weniger als den vollen Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung. Den sich für 1998 ergebenden Differenzbetrag abzüglich der geleisteten Einmalzahlung hat der Kläger mit der Klage geltend gemacht und gleichzeitig Feststellung weiterer Zahlungsverpflichtung ab dem 1. Januar 1999 begehrt.

Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei verpflichtet, ihm den vollen Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung zu erstatten. Der neue Tarifvertrag könne für ihn keine Wirkung entfalten. Denn im Anstellungsvertrag sei konstitutiv eine für ihn günstigere Regelung vereinbart.

Der Kläger hat beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 noch DM 115,20 brutto nebst 4% Zinsen seit dem 1. Januar 1999 zu zahlen,
  2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. Januar 1999 jeweils mit der monatlichen Gehaltszahlung über den bereits gezahlten Betrag von DM 768,00 brutto hinaus den Betrag brutto zu zahlen, den der Kläger aufgrund der Rentenversicherungspflicht von seinem rentenversicherungspflichtigen Einkommen zu entrichten hat.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, ein Anspruch bestehe nicht, da der jeweils gültige Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finde. Die streitige Regelung im Arbeitsvertrag habe nur deklaratorische Bedeutung, weitergehende Zusagen enthalte der Arbeitsvertrag nicht.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 19. April 2000 – 24 Ca 163/98 – der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen (Bl. 70 ff. d.A.).

Der ...

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