Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 11 Nr 3 des Manteltarifvertrages für die Molkereien und Käsereien im Lande Nordrhein-Westfalen vom 10.04.1997 (MTV) enthält eine eigenständige konstitutive Regelung über die Berechnungsgrundlage und Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

2. § 11 Nr 3 nimmt in zulässiger Weise Spät- und Nachtzuschläge von der Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts aus.

 

Orientierungssatz

Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 5 AZR 648/00.

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.03.2002; Aktenzeichen 5 AZR 648/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts W. vom 26.04.2000 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob bei der Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall die bei dem Kläger aufgrund des Schichtsystems der Beklagten regelmäßig anfallenden Nachtschichtzulagen zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Molkereifachmann beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Molkereien und Käsereien im Lande Nordrhein-Westfalen vom 10.04.1998 (MTV) Anwendung. § 11 Nr. 3 MTV lautet:

"Die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle beträgt 100%

des dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgeblichen Arbeitszeit

zustehenden Arbeitsentgelts (7,4 Stunden x Tariflohn +

individueller Zulagen ohne tarifliche Zuschläge und ohne

Pauschalzulagen für Mehrarbeit)."

In der Zeit vom 29.06. bis 09.07.1999, 04.08. bis 06.08.1999, 10.09. bis 29.09.1999, 22.11. bis 07.12.1999 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte leistete für diese Zeiträume Lohnfortzahlung ohne Spät- und Nachtschichtzulagen. Diese hätten sich auf insgesamt 771,65 DM belaufen, wenn der Kläger gearbeitet hätte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, hinsichtlich der Spät- und Nachtzuschläge müsse nach der Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes ab 01.01.1999 das Lohnausfallprinzip gelten. Von der in der Neuregelung enthaltenen Tariföffnungsklausel in § 4 Abs. 4 EFZG hätten die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des MTV keinen Gebrauch gemacht, da diese Regelung 1997 noch nicht bestanden habe. Sie hätten lediglich eine nach damaligem Recht gesetzeskonforme Regelung treffen wollen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 771,65 DM brutto nebst 4 %

Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, sowohl aus dem Zustandekommen als auch aus dem eindeutigen Wortlaut des Tarifvertrages ergebe sich, dass bei der Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts die Spät- und Nachtzuschläge hätten unberücksichtigt bleiben sollen. Insoweit hätten die Tarifvertragsparteien in zulässiger Weise von der Tariföffnungsklausel des § 4 Abs. 4 EFZG Gebrauch gemacht. Dadurch, dass außerdem 100 % Entgeltfortzahlung vereinbart worden sei, seien die Tarifvertragsparteien zugunsten der Arbeitnehmer von der damaligen Gesetzeslage abgewichen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage unter Hinweis darauf abgewiesen, dass § 11 Nr. 3 MTV eine normativ eigenständige (konstitutive) Regelung enthalte. Auch sei es zulässig, unregelmäßig anfallendes und damit nicht dem Lebensstandard des Arbeitnehmers prägendes Arbeitsentgelt tarifvertraglich von der Lohnfortzahlungspflicht auszunehmen.

Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Kläger unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Klageziel weiter.

Er weist insbesondere darauf hin, dass entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts vorliegend gerade kein unregelmäßig anfallendes Arbeitsentgelt in Frage stehe, sondern die hier in Frage stehenden Zuschläge gerade regelmäßig angefallen seien und einen erheblichen Betrag des monatlichen Einkommens des Klägers ausgemacht hätten. Es könne nicht Sinn der tariflichen Regelung sein, diese regelmäßig anfallenden Vergütungsbestandteile von der Entgeltfortzahlungspflicht auszunehmen.

Er beantragt,

die Beklagte und Berufungsbeklagte unter Aufhebung des Urteils des

Arbeitsgerichts W. zu verurteilen, an den Kläger 771,65 DM brutto

nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit

Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens darauf hin, dass auch regelmäßig anfallende Vergütungsbestandteile wie Nachtarbeitszuschläge nach der gesetzlichen Regelung in § 4 Abs. 4 EFZG durch Tarifvertrag von der Entgeltfortzahlung rechtswirksam hätten ausgenommen werden können. Dies sei auch vorliegend aufgrund der insoweit eindeutigen tariflichen Regelung der Fall gewesen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist im Ergebnis nicht begründet.

Dies ergibt sich im Einzelnen aufgrund folgender Erwägungen:

I.

Das angefochtene Urteil geht zu Recht davon aus, dass § 11 Nr. ...

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