Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Bestimmtheit des Antrags auf Teilzeit bei Angabe der voraussichtlichen Stundenzahl. Vertragsarbeitgeber statt Gemeinschaftsbetrieb maßgeblich bei Mindestbeschäftigtenzahl. Anspruch auf Teilzeit in Elternzeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeit während der Elternzeit muss den Bestimmtheitsanforderungen entsprechen, wie sie allgemein an Vertragsanträge im Sinne des § 145 BGB gestellt werden. Diesen Anforderungen wird ein Antrag nicht gerecht, wenn die gewünschte wöchentliche Stundenzahl mit der Einschränkung "voraussichtlich" angegeben wird.

2. Arbeitgeber im Sinne des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG ist das Unternehmen, nicht der Betrieb. Dementsprechend hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn er zwar in einem Gemeinschaftsbetrieb mit mehr als 15 Arbeitnehmern beschäftigt ist, der Vertragsarbeitgeber aber nicht diese Mindestbeschäftigtenzahl erreicht.

 

Normenkette

BEEG § 15 Abs. 7, § 8 Abs. 7, § 15 Abs. 4; ZPO § 256; BGB § 622

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 15.09.2020; Aktenzeichen 4 Ca 604/20)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 15.09.2020 - AZ: 4 Ca 604/20 - abgeändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Teilzeit während der Elternzeit.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.11.2014 als Sales Representative für das Gebiet Westen tätig bei einer jährlichen Vergütung in Höhe von 60.000,00 € brutto zuzüglich einer variablen Vergütung in Höhe von bis zu 80 % der Jahresgrundvergütung. Nach der Geburt ihres ersten Kindes war die Klägerin für die Beklagte während der Elternzeit in Teilzeit tätig.

In Erwartung ihres zweiten Kindes mit einem für den 25.09.2019 errechneten Geburtstermin stellte die Klägerin unter dem 25.06.2019 auf einem Vordruck der Beklagten einen Antrag auf Elternzeit für die Dauer von 24 Monaten. Der Vordruck enthielt darüber hinaus folgenden Text mit der Möglichkeit eines Ankreuzens:

" Variante 3: Elternzeit und Teilzeitarbeit

Ferner beabsichtige ich, während der Elternzeit vom bis in Teilzeit zu arbeiten. Hierzu plane ich Wochenstunden in Teilzeit tätig zu sein."

Die Klägerin kreuzte diese Variante an, füllte den Zeitraum der Elternzeit mit "25.09.20 bis 24.09.21" aus und trug als Wochenstunden "30" ein. Über die Angabe der 30 Wochenstunden fügte sie handschriftlich "voraussichtlich" ein. Wegen der Einzelheiten des ausgefüllten Formulars wird auf die von beiden Parteien zur Akte gereichten Kopien des Antrags (Bl. 188 und Bl. 192 d.A.) Bezug genommen. In einer an die Beklagte gerichteten E-Mail vom 26.06.2019 führte die Klägerin aus, sie habe "voraussichtlich 30 Stunden" angegeben, da es sich insoweit um die Maximalzahl handle. Nach Auskunft der Elternteilzeitstelle könne der Antrag noch bis zu sieben Wochen vor Beginn der Teilzeit gestellt werden. Aus diesem Grund wolle sie sich vorbehalten, eine niedrigere Stundenzahl zu nehmen, je nach Betreuung.

Die Beklagte übersandte der Klägerin am 12.07.2019 in einem Anhang ein eingescanntes Schreiben der H. S. S.r.L. (Bl. 33 d. A.) vom 11.07.2019. Darin wird die Elternzeit für die Dauer von 24 Monaten bestätigt, die beantragte Teilzeit während der Elternzeit jedoch abgelehnt.

Mit Einschreiben, welches der Beklagten am 13.08.2019 zuging, übersandte die Klägerin ihren Teilzeitantrag vorsorglich erneut an die Beklagte. Am 16.09.2019 wurde das Kind der Klägerin geboren. Anschließend wechselten die Parteien mehrere außergerichtliche Schreiben in Bezug auf den Teilzeitantrag der Klägerin (Schreiben der Klägerin vom 19.09.2019 (Bl. 35 d. A.) und vom 06.11.2019 (Bl. 34 d. A.); Schreiben der Beklagten vom 30.10.2019). Die Beklagte lehnte das Begehren der Klägerin weiterhin ab.

Mit ihrer bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf am 05.02.2020 eingegangenen und der Beklagten am 20.02.2020 zugestellten Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Teilzeit weiterverfolgt. Dabei hat sie den Zeitraum der begehrten Teilzeittätigkeit nunmehr an den tatsächlichen Geburtstermin ihres zweiten Kindes, dem 16.09.2019, angepasst.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass ihr Antrag auf Teilzeitbeschäftigung nur in Schriftform hätte abgelehnt werden können. Da es an dieser mangele, werde die Zustimmung der Beklagten zu ihrem Teilzeitantrag fingiert. Dies gelte selbst dann, wenn die Arbeitgeberin nicht mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftige. Darüber hinaus sei aber ohnehin die Beschäftigtenzahl des § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 BEEG überschritten. Abzustellen sei auf den Betrieb. Die Beklagte bilde mit der H. S. S.r.L. einen gemeinsamen Betrieb. In diesem gemeinsamen Betrieb würden mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, dass sich ihre Arbeitszeit vom 17.09.2020 bis zum 16.09.2021 auf 30 Stunden pro Woche reduzieren wird,

    hi...

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