Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Kündigung eines Vertrages über eine 9-monatige Ausbildung zum Triebfahrzeugführer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Vorschrift des § 26 BBiG unterfallen auch Personen, denen in kurzer Zeit in einem eng begrenzten Umfang Spezialkenntnisse oder Teilkenntnisse eines Ausbildungsberufs vermittelt werden. Eine mindestens zweijährige Ausbildungsdauer ist für die Anwendbarkeit des § 26 BBiG nicht erforderlich.

 

Normenkette

BBiG §§ 1, 4, 20, 22, 25-26

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 20.03.2019; Aktenzeichen 19 Ca 4227/18)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20. März 2019 - 19 Ca 4227/18 - abgeändert.

    Es wird festgestellt, dass das durch die Parteien begründete Vertragsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 9. Mai 2018 nicht beendet wurde.

  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer am 9. Mai 2018 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung der Beklagten zum 30. Juni 2018.

Am 14. September 2017 schlossen der am 00.00.0000 geborene Kläger und die Beklagte eine mit "Ausbildungs- und Arbeitsvertrag" überschriebene Vereinbarung (Bl. 5 bis 9 der ArbG-Akte, im Folgenden "Vereinbarung"), die auszugsweise wie folgt lautet:

"I.

Präambel

Im Folgenden werden zwei Verträge, ein Ausbildungs- sowie ein Arbeitsvertrag geschlossen.

Der Ausbildungsvertrag beinhaltet die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer und endet mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder mit Ablauf des Tages des Nichtbestehens der zweiten Wiederholungsprüfung des jeweiligen Ausbildungsabschnitts.

Der Arbeitsvertrag wird unter der Bedingung wirksam, dass der Arbeitnehmer die Befähigung zum Führen von Eisenbahnfahrzeugen im Rahmen nachstehenden Ausbildungsvertrages erwirbt.

Weitere Voraussetzung für das Zustandekommen sowohl des Ausbildungs- als auch des Arbeitsvertrages ist die für die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers erforderliche uneingeschränkte Tauglichkeit des Arbeitnehmers zum jeweiligen Zeitpunkt des Vertragsbeginns.

II.

Ausbildungsvertrag

§ 1

Der Arbeitnehmer wird ab dem 01.01.2018 zum Triebfahrzeugführer ausgebildet. Während der Dauer der Ausbildung richtet sich das Monatstabellenentgelt nach der Entgeltgruppe LF 7 gemäß Anlage 2a zum BuRa-ZugTV Agv MoVe bezogen auf 100 % der tariflichen Referenzarbeitszeit.

§ 2

Die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer beinhaltet zwei Bausteine: den Erwerb des EU-weit gültigen Triebfahrzeugführerscheins (TFS) sowie den Erwerb der unternehmensbezogenen Zusatzbescheinigung (ZB). Hierfür sind jeweils getrennte Prüfungen erforderlich.

Für den Erwerb des TFS ist eine theoretische Prüfung gemäß der Triebfahrzeugführerschein-Prüfungsverordnung (TfPV) erfolgreich zu absolvieren. Diese besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil. Eine nicht bestandene theoretische Prüfung kann zweimal wiederholt werden (Wiederholungsprüfung). Beim Nichtbestehen der zweiten Wiederholungsprüfung ist die theoretische Prüfung endgültig nicht bestanden,

Für den Erwerb der Zusatzbescheinigung (ZB) ist eine theoretische Prüfung, bestehend aus einem schriftlichen und einem mündlichen Prüfungsteil sowie eine praktische Prüfung, bestehend aus einem stationären Test und einer Prüfungsfahrt, erfolgreich zu absolvieren. Eine nicht bestandene theoretische oder praktische Prüfung kann jeweils zweimal wiederholt werden. Beim Nichtbestehen der zweiten Wiederholungsprüfung gilt die Prüfung als endgültig nicht bestanden.

Die gesamte Ausbildung ist in der Regel innerhalb von 9 Monaten abzuschließen und endet mit dem Bestehen der praktischen Prüfung.

Die Ausbildung endet ferner mit Ablauf des Tages des Nichtbestehens der zweiten Wiederholungsprüfung einer Prüfung des jeweiligen Ausbildungsabschnitts.

Das auflösend bedingte Ausbildungsverhältnis kann ordentlich gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Der Arbeitnehmer ist auf der Grundlage von § 38 SGB III verpflichtet, sich rechtzeitig bei Eintritt der Bedingung unverzüglich persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.

§ 3

Die Gesamtkosten der Ausbildung betragen insgesamt ca. 26.842,00 €. Die Gesamtkosten setzen sich wie folgt zusammen:

Theorie- und Praxisausbildung:

2.845,00 €

Personalkosten für den Auszubildenden: netto

20.020,00 €

Seminare DB Training:

1.421,00 €

Kosten für Ausbildungsunterlagen:

450,00 €

Kosten für Ausrüstungsgegenstände des Auszubildenden:

106,00 €

Die Kosten trägt der Arbeitgeber vollständig.

§ 4

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die nach § 3 vom Arbeitgeber tatsächlich übernommenen Ausbildungskosten an diesen zurückzuzahlen, wenn bereits das Ausbildungsverhältnis oder aber das der Ausbildung folgende Arbeitsverhältnis vor Ablauf von 2 Jahren, aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen, vom Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen - ebenfalls auf Veranlassung des Arbeitnehmers - beendet wird.

Zurüc...

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