Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Voraussetzung eines Betriebsübergangs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein durch Teilbetriebsschließung und unwirksame Beendigungskündigung im Annahmeverzugsstadium befindliches Arbeitsverhältnis geht bei Veräußerung des in der Zwischenzeit verlagerten Restbetriebs, in den der Arbeitnehmer aber nicht eingegliedert war, nicht nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf den Erwerber des Restbetriebs über. § 613a BGB erfasst nur diejenigen Arbeitsverhältnisse, die dem übertragenen Betrieb(steil) auch tatsächlich zuzuordnen sind.

2. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit für die Annahme eines Betriebsübergangs ist gegeben, wenn im wesentlichen dieselben Arbeitnehmer dieselben Arbeitsaufgaben am selben Ort unter wesentlich gleichen Bedingungen weiter ausführen. In diesem Fall steht der Annahme eines Betriebsübergangs dann auch nicht entgegen, dass ein vormaliges Handelsunternehmen nach der Veräußerung nur noch als Handelsvertretung weiterbetrieben wird.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1 S. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Urteil vom 06.04.2001; Aktenzeichen 7 Ca 388/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.09.2003; Aktenzeichen 8 AZR 446/02)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm – Kammern Ravensburg – vom 06.04.2001 – 7 Ca 388/00 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte sowie die Zahlung von Annahmeverzugsvergütung für die Zeit von November 1998 bis Juni 2000.

Der Kläger war ab 01.10.1984 bei der Firma X. Sportartikel Handels GmbH (künftig: X.) im Lager und im Versand beschäftigt. Sein Bruttoverdienst betrug zuletzt DM 17.219,50 pro Quartal. Die Firma X. hatte ihren Sitz in I.. Sie war als Vertriebsgesellschaft der Sportartikelhersteller Z. und Y. tätig. Sie kaufte die Ware unmittelbar bei den Herstellerfirmen ein, lagerte sie und veräußerte sie an Sportgeschäfte weiter.

Im Juni 1998 schloss sie ihr Lager und ihren Versand und übertrug Lagerung, Kommissionierung und Auslieferung der Ware unter Anmietung von Lagerräumen durch einen Werkvertrag auf die Firma D./W.. Ihren Betriebssitz einschließlich Büro und Verwaltung verlegte sie nach M.. Zuvor hatte sie am 28./29.04.1998 sämtlichen Mitarbeitern in I. betriebsbedingt gekündigt. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers war in zwei Instanzen erfolgreich. Der Kläger ist über den 31.10.1998, den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, nicht weiterbeschäftigt worden.

Am 30.04.1999 endete das Vertragsverhältnis zwischen der Firma X. und der Firma D.. Ab Mai 1999 bestanden vertragliche Beziehungen zwischen der Firma D. einerseits und den Herstellerfirmen andererseits, wenngleich die Firma X. (sowie ab 01.11.1999 die Beklagte) die Geschäfte mit der Firma D. abwickelte.

Aufgrund von Auseinandersetzungen zwischen den Firmen Z. und Y. beschloss die Firma X. am 27.08.1999 ihre Liquidation. Am 27.09.1999 berief sie ihren Geschäftsführer Wagner ab, kündigte ihm und schloss mit ihm per 31.10.1999 einen Aufhebungsvertrag. Mit Gesellschaftsvertrag vom 15.10.1999 wurde die Beklagte gegründet und am 26.10.1999 ins Handelsregister eingetragen. Zur Geschäftsführerin wurde zunächst die ehemalige Verkaufsmitarbeitern der Firma X., Frau S., bestellt, bevor am 27.04.2000 die Bestellung des ehemaligen Geschäftsführers W. der Firma X. als neuer Geschäftsführer bekannt gemacht wurde.

Die Beklagte nahm am 01.11.1999 ihre Geschäfte in den Betriebsräumen der Firma X. auf. Sie nutzte das gesamte Inventar, die Telefon- und Faxanlage, die EDV-Anlage einschließlich der Kunden- und Artikeldaten, eines von ursprünglich zwei Geschäftsfahrzeugen und übernahm – neben der Geschäftsführerin S. – eine weitere Mitarbeiterin von ursprünglich zuletzt fünf Arbeitnehmern der Firma X. Von ursprünglich acht für die Firma X. vermittelnden Handelsvertretern waren übergangslos zunächst sechs für die Beklagte tätig. Während die Beklagte in erster Instanz noch behauptet hatte, nur eine reine Handelsvertretung für Y.-Artikel zu betreiben, ist in zweiter Instanz unstreitig geworden, dass die Y.-Sportartikel im eigenen Namen veräußert und auch selbst fakturiert werden. Die Z.-Artikel werden von einer Firma S. GmbH (künftig: S.) mit Sitz in I. vertrieben.

Die Aufstellung des Klägers über die Höhe seiner geltend gemachten Vergütungsansprüche für die Zeit vom 01.11.1998 bis 30.06.2000 (vgl. Blatt 7 bis 14 der Klageschrift vom 09.08.2000 [= Blatt 7 bis 14 der erstinstanzlichen Akte]) nebst Zinsen hat die Beklagte zuletzt nicht mehr bestritten. Der Kläger hat diese ausdrücklich als Teilklage geltend gemacht, weil er gegenwärtig noch nicht absehen kann, ob ihm für den streitgegenständlichen Zeitraum Gehaltserhöhungsansprüche zustehen. Deshalb verlangt er neben der bezifferten Zahlung auch noch die Feststellung des Betri...

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