• Mitglieder von Betriebsrat, Personalrat, Jugend- und Auszubildendenvertretung genießen während ihrer Amtszeit einen besonderen Kündigungsschutz. Es ist zum einen nur eine außerordentliche Kündigung mit wichtigem Grund möglich (§ 15 KSchG), die zum anderen zusätzlich der Zustimmung des Betriebrats/Personalrats bedarf (§ 103 BetrVG). Vom Sonderkündigungsschutz erfasst sind grundsätzlich auch außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigungen. Betrifft allerdingsdie Änderungskündigung alle Beschäftigten des Betriebes, kann sie auch gegenüber dem davon betroffenen Betriebsratsmitglied ausgesprochen werden.
 
Praxis-Beispiel

Ein Kaufhausunternehmen schaffte in allen Niederlassungen und Betrieben die sog. "Aufsichten" ab. Alle betroffenen Arbeitnehmer erhielten Änderungskündigungen für die Tätigkeit einer Verkäuferin. Die Gehaltsdifferenz wurde als übertarifliche, allerdings anrechenbare Zulage gewährt. Das BAG stellte fest, dass dies auch zu Lasten einer Betriebsrätin galt, wobei der Arbeitgeber die Änderungskündigung als außerordentliche deshalb aussprechen könne, weil ihm ein Abwarten bis zum Ablauf des Sonderkündigungsschutzes nicht zuzumuten sei.[1]

Bei der Prüfung, ob der wichtige Grund für eine außerordentliche Kündigung derart schwer wiegt, dass eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber unzumutbar ist, ist nicht auf die weitere absehbare Vertragsdauer (also z.B. auf den frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt nach Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG), sondern auf die mangels ordentlicher Kündbarkeit des Betriebsrats konkret nicht einschlägige und daher "fiktive" Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung abzustellen.[2] Auch muss einer außerordentlichen Kündigung nicht in jedem Fall zuerst eine Abmahnung vorausgehen. Vielmehr ist eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. (st. Rspr. des BAG, zuletzt BAG, Beschl. v. 10.02.1999 - 2 ABR 31/98)

 
Praxis-Beispiel

Der Betriebsratsvorsitzende istbei einer Maschinenfabrik mit knapp 40 Mitarbeitern seit 9 Jahren als Schlosser beschäftigt. Er ist 47 Jahre alt, verheiratet und vier Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Er verkaufte während der Schicht ohne Wissen und Erlaubnis des Arbeitgebers Schrott gegen Zahlung von 100,-- EUR. Zur Rede gestellt erklärte er, die 100,-- EUR wolle er der vom Betriebsrat geführten Sozialkasse zuführen. Das LAG hatte zugunsten des Betriebsratsvorsitzenden berücksichtigt, dass dieser aus "altruistischen Motiven" heraus gehandelt habe. Auch habe der Betriebsratsvorsitzende durch seine Handlungsweise leichtsinnig sein Arbeitsverhältnis und damit die Ernährungsgrundlage für seinegroße Familie aufs Spiel gesetzt und habe dies auch später eingesehen. Es sei daher angemessen, statt mit einer Kündigung zunächst mit einer Abmahnung zu reagieren. Dem ist das BAG nicht gefolgt. Aus Sicht des Arbeitgebers spiele es keine entscheidende Rolle, ob das Geld einer Sozialkasse zugeführt oder für eigene private Zwecke verwendet werde. Das Vertrauen in die Redlichkeit des Betriebsratsvorsitzenden ist in beiden Fällen nachhaltig gestört. Daher handle es sich um eine schwere Pflichtverletzung, deren Rechtswidrigkeit dem Betriebsratsvorsitzenden ohne weiteres erkennbar war und bei der ihm klar war, dass eine Hinnahme seines Fehlverhaltens durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist. Daher erachtete das BAG eine außerordentlicheKündigung auch ohne vorherige Abmahnung als gerechtfertigt[3])

Nach Ablauf der Amtszeit besteht ein nachwirkender Kündigungsschutz von einem Jahr (§ 15 Abs. 1 KSchG). Während des Zeitraums des nachwirkenden Kündigungsschutzes ist eine außerordentliche Kündigung allerdings ohne Zustimmung des Betriebsrats/Personalrats zulässig. Die Beteiligung des Betriebsrats erfolgt nunmehr gemäß § 102 BetrVG.

  • Ersatzmitglieder von Betriebsverfassungsorganen genießen denselben Sonderkündigungsschutz für die Dauer ihrer Vertretung. Nach Beendigung des Vertretungsfalles genießen sie denselben Sonderkündigungsschutz wie die Betriebsratsmitglieder.
  • Mitglieder des Wahlvorstandes sowie Wahlbewerber (nicht aber Wahlbewerber zum Wahlvorstand) genießen gleichfalls denselben Sonderkündigungsschutz. Für Mitglieder eines Wahlvorstands beginnt der Kündigungsschutz mit ihrer Bestellung. Bei Wahlbewerbern setzt er ein, wenn ein Wahlvorstand bestellt ist und der betroffene Arbeitnehmer als Bewerber auf einem Wahlvorschlag steht, der mit den entsprechenden Unterschriften ausgestattet ist. Eine bereits erfolgte Einreichung eines Wahlvorschlages bei dem Wahlvorstand ist nicht erforderlich. An die Bekanntgabe des Wahlergebnisses schließt sich der nachwirkende Kündigungsschutz von einem halben Jahr an. Es ist nur eine außerordentliche Kündigung, allerdings ohne Zustimmung des Betriebsrats/Personalrats zulässig (§ 15 Abs. 3 KSchG).

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