Überstunden sind einheitlich die auf Anordnung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten (vgl. Erl. zu § 8 Abs. 1) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Ob dies auch für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gilt, für diese also erst dann zuschlagspflichtige Überstunden entstehen, wenn sie die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten für die Woche übersteigen, ist aufgrund jüngster Rechtsprechung des BAG umstritten. Der Zehnte Senat hatte im April 2017[1] auf der Grundlage des MTV Nahrung-Genuss-Gaststätten entschieden, dass Mehrarbeitszuschläge nur für Arbeitsstunden zu zahlen sind, die die tarifvertraglich geregelte Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers übersteigen, nicht aber schon für Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Teilzeitbeschäftigung hinausgehen. Diese Auslegung verstoße nicht gegen § 4 Abs. 1 TzBfG, da für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden für Teilzeitarbeitnehmer und Vollzeitarbeitnehmer die gleiche Gesamtvergütung geschuldet werde.

Demgegenüber hatte der Sechste Senat im März 2017[2] eine abweichende Auffassung auf der Grundlage des TVöD-K vertreten. Danach steht bei sog. ungeplanten Überstunden im Sinne von § 7 Abs. 8 Buchst. c Alt. 1 TVöD-K (dieser Regelung entspricht § 9 Abs. 8 Buchst. c TV-V), die über die tägliche Arbeitszeit hinaus abweichend vom Schichtplan angeordnet werden, den hiervon betroffenen Arbeitnehmern ein Überstundenzuschlag zu. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer – wie in dem vom BAG entschiedenen Fall – in Teilzeit arbeite und über seine Teilzeitquote hinaus Überstunden leiste, ohne die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten zu überschreiten. Zur Begründung hat das BAG insoweit insbesondere auf § 4 Abs. 1 TzBfG verwiesen.

Im Dezember 2018[3] hat wiederum der Zehnte Senat in demselben Sinne entschieden, seine im Urteil vom 26.4.2017 geäußerte Rechtsprechung aufgegeben und sich der Auffassung des Sechsten Senats im Urteil vom 23.3.2017 angeschlossen. Eine tarifvertragliche Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst besteht, wenn die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschritten wird, verstoße gegen § 4 Abs. 1 TzBfG. Der Entscheidung liegt der MTV für die Systemgastronomie zugrunde. Nach § 5 Nr. 5 dieses MTV ist bei Teilzeitkräften Mehrarbeit nur diejenige Arbeitszeit, die über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit einer Vollzeittätigkeit (169 Stunden) hinausgeht. Mehrarbeit im Sinne dieses MTV ist diejenige Arbeitsleistung, die über die regelmäßige monatliche Arbeitszeit hinausgeht und ausdrücklich vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurde. Damit entspricht der Begriff "Mehrarbeit" dieses MTV dem Begriff "Überstunden" im TV-V und ist nicht mit dem Begriff "Mehrarbeit" im Sinne von § 9 Abs. 6 gleichzusetzen.

Eine § 5 Nr. 5 MTV vergleichbare Regelung enthält der TV-V nicht. Die Bezahlung von Mehrarbeit im Sinne des TV-V ist in § 10 Abs. 2 TV-V geregelt. Danach wird im Gegensatz zu Überstunden kein Zeitzuschlag gezahlt. Vielmehr erhält der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer für jede Stunde Mehrarbeit das Stundenentgelt. Schon wegen der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen ist die Entscheidung des BAG vom 19.12.2018 nicht ohne Weiteres auf den TV-V übertragbar. Zudem besteht der Zweck der Zeitzuschläge für Überstunden erkennbar darin, dass ein Ausgleich für die besondere Belastung gezahlt werden soll, die aufgrund der Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern entsteht.

Das BAG hat kürzlich mit 3 Entscheidungen[4] die vorausgegangenen Urteile des LAG Nürnberg bestätigt, wonach Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, ohne die regelmäßige Arbeitszeit von Vollbeschäftigten zu überschreiten, keinen Anspruch auf Zeitzuschläge für Überstunden haben. Das BAG

hält ausdrücklich nicht mehr an seiner Rechtsprechung im Urteil vom 23.3.2017 – 6 AZR 161/16 – fest. Die sowohl für Voll- als auch für Teilzeitbeschäftigte maßgebliche Sonderregelung in § 7 Abs. 8 Buchst. c TVöD-K, die § 9 Abs. 8 Buchst. c TV-V entspricht, zur Entstehung von Überstunden bei Arbeitnehmern, die Wechselschicht- oder Schichtarbeit leisten, verstößt nach Ansicht des BAG gegen das Gebot der Normklarheit und ist deshalb unwirksam. Demnach ist für Teilzeitbeschäftigte die Regelung zur Mehrarbeit in § 7 Abs. 6 TVöD-K maßgeblich, die § 9 Abs. 6 TV-V entspricht. Diese Bestimmung sieht keine Zahlung von Überstundenzuschlägen für die Stunden vor, mit der die Klägerin ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit, aber noch nicht die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollbeschäftigten überschritten hat. Deshalb kommt ein Anspruch der Klägerin auf Überstundenzuschläge nicht in Betracht. Nunmehr hat das BAG[5] in einem anderen Ausgangsverfahren dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es mit Unionsrecht vereinbar ist, ...

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