Rz. 10

Abs. 1 Nr. 2 regelt die seltenen Fälle, die zugleich Arbeitsunfälle und Versorgungsfälle nach dem BVG oder anderen Gesetzen sind, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen. § 68 Abs. 1 Nr. 7 SGB I zählt die Gesetze auf: § 80 SVG, § 59 BGSG, §§ 4 und 5 HHG, § 47 ZDG, § 60 IFSG, § 1 OEG, §§ 20 und 22 StrRehaG und §§ 3 und 4 VwRehaG.

Für Altfälle vor dem 1.1.2000 gilt weiterhin das BSeuchG, weil das IFSG kein Übergangsrecht enthält (BSG, Urteil v. 20.7.2005, 9/9a VJ 2/04 R, SozR 4-3851 § 20 Nr. 1; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.3.2010, L 13 VJ 24/07, ZFSH/SGB 2010 S. 361).

Die Norm des § 4 Abs. 1 Nr. 2 geht vom Vorrang der Versorgung als Sondersystem für das SVG, das BGSG, das HHG und das ZDG gegenüber der Unfallversicherung aus (vgl. zum SVG: BSG, Urteil v. 27.3.1980, 10 RV 3/79, BSGE 50 S. 80 = SozR 3200 § 81 SVG Nr. 13; zum HHG: BSG, Urteil v. 17.10.1990, 2 RU 63/89, SGb 1991 S. 153 = SozR 3-2200 § 541 RVO Nr. 2; zum ZDG: BSG, Urteil v. 20.4.1993, 2 RU 35/92, SozR 3-2200 § 541 RVO Nr. 3 = SGb 1993 S. 633 mit Anm. Benz). Für das IFSG, OEG, das StrRehaG und das VwRehaG gilt der Vorrang der Unfallversicherung (vgl. Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 4 Rz. 5). Der Wortlaut stellt allein auf den Geltungsbereich des BVG ab. Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG ist nur das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach dem BVG entscheidend. Unerheblich ist, dass im konkreten Fall keine Versorgungsleistungen erbracht werden, weil kein Antrag gestellt wurde oder ein Ausschlusstatbestand eingreift. Deshalb ist der Verletzte nach § 4 versicherungsfrei, wenn er es versäumt hat, einen Versorgungsantrag zu stellen, ein der Versorgungsleistung entgegenstehender Ruhenstatbestand erfüllt ist oder der Versorgungsträger keine Leistungen erbringt. Durch die Anknüpfung an den Geltungsbereich des BVG hat der Gesetzgeber eine abschließende Zuweisung vorgenommen, nach der weder der Versicherte noch der Versorgungsträger die Anwendbarkeit des § 4 beeinflussen kann.

 
Praxis-Beispiel

Ein Gefangener verletzt sich bei der Arbeit am Knie, die Versorgungsverwaltung erbringt keine Leistungen nach dem HHG, obwohl ein Anspruch bestand, trotzdem ist er versicherungsfrei (vgl. BSG, Urteil v. 17.10.1990, 2 RU 63/89, SGb 1991 S. 153 = SozR 3-2200 § 41 RVO Nr. 2).

 

Rz. 11

Einen häufig falsch verstandenen Ausnahmefall, in dem gleichzeitig ein Arbeitsunfall und ein Versorgungsfall nach § 135 Abs. 1 BBG i. V. m. § 31 Abs. 1 BeamtVG vorlag, hat das BSG entschieden (vgl. BSG, Urteil v. 16.5.1984, 9b RU 68/82, BSGE 56 S. 279 = SozR 2200 § 636 RVO Nr. 2): Die Deutsche Bundesbahn (DB) und eine Transportfirma hatten vertraglich die Zusammenarbeit vereinbart. Der Hauptbetriebsaufseher der DB verletzte sich, als er mithalf, den Lkw der Transportfirma zu beladen. Diese Tätigkeit diente beiden Unternehmen, weshalb er auch Versicherter der Unfallversicherung war. Für die Entschädigungsleistungen haben die beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Vorrang. Der unfallversicherungsrechtliche Haftungsausschluss nach §§ 104 ff. kann aber unabhängig von der Leistungspflicht des Unfallversicherungsträgers eingreifen (vgl. Komm. zu § 104).

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