Während der Mutterschutzzeiten und der Elternzeit besteht kein Anspruch auf Entgelt i. S. d. § 20 Abs. 2. Eine Verminderung der Jahressonderzahlung unterbleibt jedoch für Kalendermonate, in denen Tabellenentgelt nicht gezahlt wurde (§ 20 Abs. 4 Satz 2 Buchst. c)

  • wegen Beschäftigungsverboten nach dem MuSchG und/oder
  • wegen Elternzeit nach dem BEEG bis zum Ende des Kalenderjahrs der Geburt des Kindes, wenn am Tag vor Antritt der Elternzeit Entgeltanspruch bestanden hat.

Mit der Tarifeinigung vom 30.8.2019[1] haben die Tarifvertragsparteien im Rahmen der sog. Tarifpflegegespräche § 20 TVöD mit Wirkung zum 1.1.2020 dahingehend geändert, dass die Bezugnahme auf die Vorschriften "§ 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz" gestrichen und durch die Formulierung "Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz" ersetzt wurde.

 
Wichtig

Keine Verminderung der Jahressonderzahlung wegen Beschäftigungsverboten nach MuSchG

Damit führen sämtliche Beschäftigungsverbote nach MuSchG – sowohl die Schutzfristen vor und nach der Geburt (§ 3 MuSchG) als auch ein betriebliches oder ärztliches Beschäftigungsverbot (§ 13 Abs. 1 Nr. 3, § 16 MuSchG) – nicht zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung.

Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 4 Buchst. c) TVöD in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung waren hinsichtlich der Berechnung der Jahressonderzahlung nur die Zeiten der Beschäftigungsverbote in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und in den 8 bzw. 12 Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG) unschädlich. Während der Tarifvertrag an anderen Stellen anordnet, dass "Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz" – ohne Einschränkung auf bestimmte Paragrafen – unschädlich sind (vgl. z. B. § 17 Abs. 3 Buchst. a zur Unterbrechung der Stufenlaufzeit), waren in § 20 die sonstigen Beschäftigungsverbote des MuSchG – z. B. ein ärztliches Beschäftigungsverbot zum Schutz von Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind oder die arbeitsplatzbezogenen weiteren Beschäftigungsverbote – nicht einbezogen. Während eines solchen Beschäftigungsverbots erhält die Arbeitnehmerin kein tarifliches Entgelt und keine Entgeltfortzahlung nach § 21, sondern den sog. Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG, ein spezialgesetzlich geregelter Zahlungsanspruch greift ein. Bei enger Auslegung des Tarifvertrags anhand des Wortlauts könnte für die Zeit bis zum 31.12.2019 somit vertreten werden, dass ein nach ärztlichem Zeugnis angeordnetes oder arbeitsplatzbezogenes Beschäftigungsverbot vor der vorgeburtlichen Schutzfrist zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung führe. Hiergegen bestehen jedoch rechtliche Bedenken.

Nach einer Entscheidung des BAG[2] sind Fehlzeiten aufgrund der Mutterschutzgesetze für die Zahlung einer tariflichen Jahresleistungsprämie einer tatsächlichen Arbeitsleistung gleichzusetzen. Das BAG unterschied im Leitsatz seines Urteils nicht zwischen den generellen und den individuellen Beschäftigungsverboten. Im Übrigen würde die Nichtberücksichtigung der Zeiten eines individuellen oder arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsverbots eine unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts darstellen und somit gegen das Diskriminierungsverbot in §§ 1, 7 AGG verstoßen.

Somit ist § 20 Abs. 4 Satz 1 TVöD auch in der bis 31.12.2019 gültigen Fassung dahingehend auszulegen, dass als "Entgelt" i. S. d. Vorschrift auch der sog. Mutterschutzlohn anzusehen ist. Somit führen Kalendermonate mit einem Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG nicht zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung.

Mit der anspruchserhaltenden Anrechnung der Elternzeit im Jahr der Geburt des Kinds unterstützen die Tarifvertragsparteien die gesetzgeberische Zielsetzung des BEEG, die es den Eltern ermöglichen soll, sich der intensiven Betreuung des Kleinkinds zu widmen.[3] Die Förderung des sozialpolitischen Anliegens rechtfertigt eine Besserstellung der Elternzeit gegenüber krankheitsbedingten Fehlzeiten.[4]

Elternzeit im Jahr der Geburt des Kinds führen nicht zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung, wenn am Tag vor Antritt der Elternzeit "Entgeltanspruch" bestanden hat. Als "Entgelt" im Sinne dieser Vorschrift ist auch der vom Arbeitgeber zu zahlende Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu werten. Die Tarifvertragsparteien haben zwischenzeitlich in einer Niederschriftserklärung zu § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Buchst. c) die Gleichstellung von Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und Entgeltanspruch ausdrücklich klargestellt.

Bestand dagegen am Tag vor dem Antritt der Elternzeit kein Anspruch auf Entgelt oder Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, so ist die Jahressonderzahlung für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 zu kürzen.

 
Praxis-Beispiel

Das Kind ist während eines unbezahlten Sonderurlaubs nach § 28 TVöD (zur Betreuung des erstgeborenen Kinds über das dritte Lebensjahr hinaus) geboren. Die Mutter nimmt Elternzeit für das 2. Kind direkt im Anschluss an den Sonderurlaub in Anspruch. Die Jahressonderzahlung wird auch für die Kalendermonate der Elternzeit, die im Geburtsjahr des 2. Kinds...

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