1. Arbeitnehmer

    Abs. 1 Nr. 3 Fall 1 betrifft nur Arbeitnehmer; das ergibt sich aus der Terminologie ("Tätigkeit" beim Arbeitnehmer statt "Dienstposten" beim Beamten).

    Mitbestimmungspflichtig ist die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit. Nach der Definition des BVerwG[1] wird eine höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit dann übertragen, wenn die Tätigkeit ihrer Art und ihrem Inhalt nach einer höheren oder niedrigeren Entgeltgruppe[2] des Tarifvertrags zuzuordnen ist. Will der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer künftig höherwertige oder niederwertige Tätigkeiten dauerhaft schulden soll, so kann er dies nicht einseitig per Weisungsrecht tun, sondern es muss einvernehmlich der Arbeitsvertrag geändert werden (alternativ: eine Änderungskündigung[3] ausgesprochen werden).

    Nicht mitbestimmungspflichtig ist das "Hineinwachsen" in höherwertige Tätigkeiten, d.h. wenn die Tätigkeit (ohne Zutun des Arbeitgebers) "aus sich heraus" schwieriger wird und schließlich, nach 6 Monaten ununterbrochener Ausübung entsprechend eingruppiert ist (Fall des § 13 TVöD / TV-L)[4]; hier liegt gar keine Arbeitgebermaßnahme vor, die der Zustimmung bedürfen könnte.

    Will der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer nur vorübergehend höher- oder niederwertige Tätigkeiten ausüben soll, so unterliegt auch dies nach Auffassung des BAG[5] (grundsätzlich) der Mitbestimmung nach Abs. 1 Nr. 3.[6] Grund ist, dass die Norm keine zeitliche Einschränkung enthält (anders als zahlreiche Landespersonalvertretungsgesetze). Wenn dem Beschäftigten die Tätigkeiten nur vorübergehend übertragen werden sollen, findet keine neue Zuordnung zu den Entgeltgruppen statt, vielmehr erhält der Beschäftigte unter den Voraussetzungen des § 14 TVöD / TV-L eine Zulage. Zur Klarstellung: Nach § 14 TVöD / TV-L ist der Erhalt einer Zulage für die vorübergehende Ausübung höherwertiger Tätigkeiten an ein zusätzliches zeitliches Moment geknüpft: Der Anspruch auf die Zulage entsteht erst, wenn die höherwertige Tätigkeit mindestens einen Monat ununterbrochen ausgeübt wird (dann besteht allerdings Anspruch auf die Zulage rückwirkend auf den ersten Tag der Ausübung). Diese zeitliche Grenze ist jedoch beachtlich nicht für den Mitbestimmungstatbestand des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG, denn nicht die Zahlung der Zulage unterliegt der Mitbestimmung, sondern bereits die Übertragung der höherwertigen Tätigkeiten. Die vorgenannte Rechtsprechung führt dazu, dass auch ganz kurzzeitige Vertretungen erfasst werden (ein Kollege muss den anderen mit dessen höherwertigen Tätigkeiten für 2 Stunden vertreten, weil dieser einen notwendigen Arztbesuch absolvieren muss). In diesen Fällen hat sich die Übertragung der höherwertigen Tätigkeiten faktisch erledigt bis ein Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen wäre. Mit der Literatur ist in diesen Fällen ein Mitbestimmungsrecht als praxisfern abzulehnen.[7] Alternativ bliebe nur der Weg über § 76 BPersVG ("Vorläufige Maßnahmen"), der aber auf diese Fälle (wegen der bereits eingetretenen Erledigung) nicht recht passt: "Die Leiterin oder der Leiter der Dienststelle kann bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen. Sie oder er hat dem Personalrat die vorläufige Regelung mitzuteilen und zu begründen und unverzüglich das Verfahren der Mitbestimmung einzuleiten oder fortzusetzen."

    Fehlerfolgen (1): Was geschieht, wenn der Arbeitgeber mit dem Beschäftigten bereits den Arbeitsvertrag geändert, ihm so dauerhaft höherwertige Tätigkeiten übertragen hat, aber die hierzu notwendige Zustimmung des Personalrats nicht eingeholt hat? Nach Auffassung des BAG[8] gilt dann: "Überträgt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine höherwertige Tätigkeit auf Dauer (…), ist er arbeitsvertraglich zur Zahlung der Vergütung nach der höheren [Entgelt] gruppe verpflichtet, auch wenn er den Personalrat nicht beteiligt hat." Das bedeutet: Der Arbeitsvertrag (mit der Vereinbarung, dass nunmehr bestimmte, höherwertige Tätigkeiten dauerhaft geschuldet sind), ist wirksam. Jedenfalls das endgültige Nein des Personalrats führt aber zu einem Beschäftigungsverbot auf der höherwertigen Stelle. Das führt zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung (§ 275 BGB), die an sich den höheren Vergütungsanspruch entfallen ließen (§ 326 Abs. 1 BGB). Weil es hier aber der Arbeitgeber war, der die Unmöglichkeit zu vertreten hat (er hat nicht um die notwendige Vorab-Zustimmung des Personalrats eingeholt), behält der Arbeitnehmer gemäß § 326 Abs. 2 BGB den Anspruch auf das höhere Entgelt. Man wird dem Arbeitgeber aber erlauben müssen (jedenfalls, wenn das Nein des Personalrats endgültig feststeht), den geänderten Arbeitsvertrag mittels einer betriebsbedingten Änderungskündigung wieder in den Ursprungszustand zu versetzen. Den zuständigen Personalern kann zur Vermeidung einer solchen Situation nur geraten werden, die Änderung des Arbeitsvertrags (in der Änderungsvereinbarung selbst) unter die aufschiebende Bedingung der Persona...

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