§ 70 BPersVG – Verfahren der Mitbestimmung

I. § 70 Abs. 1 BPersVG (Grundsatz der Zustimmungsbedürftigkeit)

1. Volle und eingeschränkte Mitbestimmung

Abs. 1 regelt den Inhalt des Mitbestimmungsrechts. Danach kann eine Maßnahme, soweit sie der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, nur mit seiner Zustimmung getroffen werden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen voll mitbestimmungspflichtigen und eingeschränkt mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen.

Volle Mitbestimmung bedeutet, dass sich beide Partner – Dienststelle und Personalrat – gleichberechtigt gegenüberstehen und die beabsichtigte Maßnahme erst vollzogen werden darf, nachdem der Personalrat seine ausdrückliche Zustimmung erklärt hat. Im Fall einer Nichteinigung entscheidet die unabhängige Einigungsstelle abschließend (§ 75 BPersVG).

Bei der eingeschränkten Mitbestimmung beschließt die Einigungsstelle eine Empfehlung an die oberste Bundesbehörde oder das nach § 71 Abs. 1 Satz 3 BPersVG zuständige Organ oder seines Ausschusses. Diese beraten anschließend über die Empfehlung und entscheiden abschließend.

2. Beabsichtigte Maßnahme

Maßnahmen i. S. d. § 77 BPersVG sind Handlungen und Entscheidungen des Dienststellenleiters, die einen der gesetzlich vorgesehenen Mitbestimmungstatbestände betreffen und den Rechtsstand des oder der Beschäftigten berühren, §§ 78-80 BPersVG[1] Dies ist z. B. nicht gegeben bei einer Anordnung einer Wiederbesetzungssperre durch die Direktion eines Klinikums[2] oder aber bei einer Gestattung der Benutzung eines privaten Notebooks zur Erledigung dienstlicher Aufgaben auf Wunsch des Beschäftigten.[3]

Unter den Begriff der Maßnahme fallen auch weichenstellende vorentscheidende Maßnahmen, die der eigentlich mitbestimmungspflichtigen Maßnahme vorausgehen, wie z. B. die vorläufige Bestellung eines stellvertretenden Schulleiters und Fachgebietsleiters bei den berufsfördernden Schulen[4], die Entsendung zu Beförderungslehrgängen oder zu einer Zusatzausbildung, wenn die Teilnahme daran als Vorstufe einer Beförderung anzusehen ist[5], die Versetzung zum Zweck der Erprobung auf einen höher bewerteten Dienstposten[6], die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit.[7]

Eine Maßnahme liegt auch dann vor, wenn es sich hierbei um bloßen Normvollzug handelt, selbst in Fällen, in denen kein Ermessensspielraum für den Dienststellenleiter besteht.[8] Die Mitbestimmung in diesen Fällen, z. B. bei einer korrigierenden Höhergruppierung, besteht in der Kontrolle der Richtigkeit des Normvollzugs.

Auch bei Verurteilung einer Dienststelle zur Vornahme einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme ist dieser Vorgang als beabsichtigte Maßnahme dem Personalrat zur Zustimmung zu unterbreiten. Der Personalrat ist durch die Rechtskraft des Urteils nicht gebunden und kann seine Rechte uneingeschränkt wahrnehmen. Entsprechendes gilt für die Durchführung eines gerichtlichen Vergleichs.

Keine Mitbestimmung besteht, wenn es sich um die Ausführung durch unmittelbar gestaltende Anordnung einer vorgesetzten Dienststelle handelt, bei der der Dienststellenleiter keinen eigenen Regelungsspielraum hat.[9]

Keine Maßnahmen i. S. d. § 70BPersVG sind lediglich vorbereitende Tätigkeiten, weil hier die Willensbildung der Dienststelle noch nicht abgeschlossen ist. Hierzu gehören z. B. Arbeitsplatzüberprüfungen, Einstellungs- und Vorstellungsgespräche, interne Umbewertung von Beamtendienstposten.

Auch negative Entscheidungen sind grundsätzlich keine Maßnahmen, wie z. B. die Ablehnung einer Höhergruppierung oder die Mitteilung der Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags. Etwas anderes gilt nur, wenn die Mitbestimmung im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie z. B. in § 78 Abs. 1 Nr. 11 BPersVG (Ablehnung eines Antrags auf Teilzeitbeschäftigung, Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit oder Urlaub bei einem Beamten).

[1] BVerwG, Beschluss v. 12.10.1989, 6 P 9.88, NZA 1990, 451; BVerwG, Beschluss v. 18.12.1996, 6 P 6.94, BVerwGE 104, 14.
[2] BVerwGE 104, 14.
[3] BVerwG, Beschluss v. 12.10.1989, 6 P 9.88, NZA 1990, 451.
[4] BVerwG PersV 1967, 275.
[5] BVerwG PersV 1968, 278.
[6] BVerwG PersV 1981, 286.
[7] BVerwG PersR 1992, 104.
[8] BVerwG 13.2.1976, BVerwGE 50, 186, 189.
[9] VG Berlin, Beschluss v. 26.4. 2017, 72 K 6.16 PVB, juris mit Verweis auf BVerwG, Beschluss v. 2.9.2009 6 PB 22.09, juris Rn. 4.

3. Zustimmung des Personalrats

Zuständig für die Zustimmung ist der Personalrat, der dem Dienststellenleiter, der die Maßnahme durchführen will, zugeordnet ist. Allerdings muss die Dienststelle auch in der Angelegenheit zur Entscheidung befugt sein. Handelt ein Dienststellenleiter aufgrund einer Weisung der übergeordneten Dienststelle ohne eigenen Entscheidungsspielraum, so ist dies keine eigene Handlung des Dienststellenleiters. Vielmehr liegt hier die Kompetenz bei der übergeordneten Dienststelle, sodass die dort gebildete Stufenvertretung für die Erteilung der Zustimmung zuständig ist.

Sind örtlich ausgegliederte Dienststellenteile personalvertretungsrechtlich verselbstständigt und betrifft die Maßnahme nicht nur die Stammdienststelle, sondern auch eine oder mehrere verselbstständigte Dienststellenteile, ist der Gesamtpersona...

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